bears and more • Klaus Pommerenke
 
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21. Dezember 2009
Holzeinschlag in bislang unberührten Urwaldgebieten
des Great Bear Rainforest ist jetzt FSC-zertifiziert.
Das einstige Gütesiegel verliert seine Glaubwürdigkeit
 
Am 10. Dezember 2009 meldete die Coast Forest Conservation Initiative (CFCI), dass sie für den Holzeinschlag auf einem 846.395 Hektar großen Gebiet in der Mid Coast Timber Supply Area vom Forest Stewardship Council (FSC) das Zertifikat erhalten haben. Bereits im September 2008 hatten die an der CFCI beteiligten Firmen British Columbia Timber Sales, International Forest Products Limited (Interfor), Western Forest Products Inc. (WFP), Catalyst Paper Corp. und Howe Sound Pulp and Paper Ltd. den Antrag auf FSC-Zertifizierung gestellt – jetzt hatten sie Erfolg. Greenpeace Canada, Sierra Club of BC und ForestEthics hatten die Firmen bei ihrem Antrag auf FSC-Zertifizierung unterstützt. BC Timber Sales, Interfor und WFP können nun in bislang unberührt gebliebenen Urwaldgebieten Holz einschlagen und dieses Urwaldholz mit dem FSC-Siegel versehen. Hierdurch soll der Holzeinschlag in den pazifischen Küstenurwäldern einen grünen Anstrich erhalten. Es soll Käufern von Holz aus diesen Urwäldern ein reines Gewissen verschaffen und darüber hinweg täuschen, dass diese Urwälder auch bei diesem „lighter touch logging“ unter den FSC-Regeln großteils verändert und teilweise sogar zerstört werden. Das jetzt verteilte Zertifikat läuft 5 Jahre, es soll eine jährliche Überprüfung geben, ob die FSC-Regeln eingehalten werden. Grundlage der Zertifizierung waren die regionalen Zertifizierungsstandards für BC vom Oktober 2005 (Forest Stewardship Council, Regional Certification Standards for British Columbia, Main Standards), die sich vom deutschen FSC-Standard in einigen wichtigen Punkten unterscheiden.
„Forest Stewardship Council-Zertifizierung für nahezu 1 Million Hektar Wald ergänzt den Schutzplan im Great Bear Rainforest“, titelte Jens Wieting vom Sierra Club of BC in seiner Pressemeldung vom 10.12.2009 mit großzügiger Übertreibung (um 153.605 Hektar), um medienwirksam einen weiteren Erfolg des Kollaborationskurses von Greenpeace Canada, Sierra Club of BC und ForestEthics mit der Forst- und Papierindustrie vermelden zu können. Auch Pat Bell, Forstminister von BC, gratulierte den Forstkonzernen zur FSC-Zertifizierung: „Working together as sustainable forestry leaders, central coast licensees and BC Timber Sales have achieved certification for almost 850.000 hectares near Bella Coola“, erklärte er. „This is an important step to ensure customers recognize the stringent ecosystem-based management standards that we have introduced as part of the 2006 coastal land use decision.“ Gerry Fraser von Interfor stellte fest: „Achieving FSC certification will add value to our efforts to balance conservation and development within the Great Bear Rainforest, a globally significant region. In pursuing certification we are taking up the challenge of testing the FSC BC standards operationally on the ground.“ 846.395 Hektar Wald von unschätzbarem ökologischem Wert werden somit zum Testfall für die Anwendung der FSC-Standards von BC. Das Risiko, dass dieser Test schief geht, ist nicht zu unterschätzen, zumal die beteiligten Forstkonzerne in der Vergangenheit immer wieder gegen Forstgesetze und Richtlinien zum Schutz der Flüsse und Bäche verstoßen hatten. Vor allem Interfor fiel durch rücksichtslose Gesetzesübertretungen und Betrügereien auf. Just diesen Konzernen mit der schlechtest möglichen Reputation im Bereich der Forstwirtschaft wurde nun vom Zertifizierer Smartwood ein Blanko-FSC-Zertifikat für die nächsten 5 Jahre erteilt. Smartwood hat sozusagen den Bock zum Gärtner gemacht. Interfor, einer der Hauptbeteiligten an der CFCI, hat z. B. nach einer Untersuchung des Sierra Legal Defence Fund („Stumpage Sellout“) von 2001 in den zurückliegenden 2 ½ Jahren um 100 Millionen CAD betrogen. Man kann nur hoffen, dass die gröbsten Verstöße der CFCI-Gruppe gegen die FSC-Prinzipien bereits bei der ersten Jahresprüfung erkannt werden, um die allerschlimmsten Umweltschäden durch den Holzeinschlag dieser Firmen verhindern zu können.
„The Great Bear Rainforest has the eyes of customers from around the world on it. They want to see the best environmental forestry practices with protection in place for this very special forest“, sagte Eduardo Sousa von Greenpeace. „We look forward to the expansion of FSC certification to the rest of the Great Bear Rainforest.“ Es scheint geradezu so, als ob Greenpeace im gesamten „Rest“ des Great Bear Rainforest ebenfalls Forstwirtschaft nach FSC-Regeln erlauben will anstatt sich für ein erweitertes Verbot jeglichen Holzeinschlags in Urwaldgebieten einzusetzen. Auch ein Interesse an der Ausweisung weiter Schutzgebiete/Conservancies, no-logging-zones und Parks scheint Greenpeace völlig verloren zu haben. Man scheint sich bereits selbstgefällig mit dem zufrieden zu geben, was man mit der Einführung des Ecosystem-Based-Management zum 31.03.2009 erreicht – oder besser gesagt angerichtet – hatte. Wohlgemerkt – ein Holzeinschlag und eine Waldbewirtschaftung nach FSC-Regeln ist wesentlich besser als die bisher praktizierte großflächige Liquidierung der Wälder durch die Kahlschlagsforstwirtschaft, doch die Frage stellt sich, ob ein kommerzieller Holzeinschlag in den letzten pazifischen Küstenregenwäldern überhaupt noch zu vertreten ist, egal ob er nach FSC-Regeln oder auf herkömmliche Art und Weise stattfindet. Wirklich geschützt wird ein Urwald mit seiner unübertroffenen CO2-Speicherkapazität nur durch den kompletten Verzicht auf jede Form kommerziellen Holzeinschlags, auch wenn dieser FSC-zertifiziert ist. Genau dies fordert z. B. der Arbeitskreis nördliche Urwälder (AKU) in seinem Positionspapier zum Great Bear Rainforest: „1. Kein kommerzieller Holzeinschlag und keine sonstige kommerzielle Nutzung in den verbliebenen Urwaldgebieten. 2. Keine FSC-Zertifizierung von Urwaldgebieten und Urwaldholz. 3. Vollständiger und permanenter Erhalt der letzten Urwaldgebiete und -flächen (ausschließlich ökologisch und sozial angepasste Nutzung durch die indigene und lokale Bevölkerung für den lokalen Bedarf).“ Unter kommerziellem Holzeinschlag und kommerzieller Nutzung versteht der AKU die industrielle, über die nachhaltige Nutzung der indigenen Gemeinschaften/First Nations hinausgehende Ausbeutung oder Beeinträchtigung der natürlichen Ressourcen durch die großen Forst- und Papierkonzerne.
Mit der Zertifizierung von 846.395 Hektar bislang unberührten Urwaldes im Herzen des Great Bear Rainforest verliert das FSC-Siegel einen Großteil seiner bisherigen Glaubwürdigkeit als Ökolabel für die Verbraucher. Darüber hinaus wird das Ziel der Forest Stewardship Council von immer mehr Umweltschutzgruppen, die sich für eine möglichst komplette Erhaltung der letzten Urwälder dieser Erde einsetzen, äußerst kritisch in Frage gestellt. „Ziel des FSC ist die Förderung einer umweltverträglichen, sozialverträglichen und ökonomisch tragfähigen Bewirtschaftung der Wälder der Erde“, heißt es in der Einführung des Deutschen FSC-Standard (Fassung vom 28. Juli 2004). Es geht also um die Bewirtschaftung der Wälder der Erde und nicht um den Schutz der letzten Reste der noch verbleibenden Urwälder vor Bewirtschaftungsmaßnahmen, wie kostbar und selten diese Wälder auch zwischenzeitlich sein mögen. So kommt es, dass sogar in den ökologisch wertvollsten und am meisten bedrohten Waldökosystemen, d. h. Wäldern mit hohem Schutzwert (High Conservation Value Forest Areas) immer noch Bewirtschaftungsmaßnahmen erlaubt und Zertifizierungen vergeben werden. Es wird leider nicht zur Kenntnis genommen, dass es Urwälder mit hohem Schutzwert gibt, die so selten geworden sind, dass sie überhaupt nicht mehr kommerziell bewirtschaftet werden sollten. Die Küstenurwälder der gemäßigten Breiten der Erde sind solche Wälder. Sie bedeckten auch vor ihrer Abholzung nur ca. 30 – 40 Millionen Hektar und somit weniger als 0,2 % der Landfläche der Erde. Bereits heute sind weltweit deutlich über 60 % dieser Küstenregenwälder abgeholzt und unwiederbringlich verloren. Das neue FSC-Zertifikat für die Urwälder im Great Bear Rainforest trägt durch erlaubte Bewirtschaftung dazu bei, diese Restbestände noch weiter zu dezimieren. Hierfür trägt der FSC die Verantwortung.

Wenn Sie weitere Informationen über die Problematik der FSC-Zertifizierung von Holzeinschlag im Great Bear Rainforest erhalten möchten, dann lesen Sie bitte den ausführlichen 7-seitigen Artikel hierzu mit dem Titel „Holzeinschlag in bislang unberührten Urwaldgebieten des Great Bear Rainforest wurde am 10.12.2009 FSC-zertifiziert. Das einstige Gütesiegel verliert seine Glaubwürdigkeit“ im Textteil dieser Website.

Wenn Sie gegen die jetzt erfolgte FSC-Zertifizierung des Holzeinschlages in den Urwäldern des Great Bear Rainforest protestieren möchten, dann schreiben Sie bitte oder schicken eine E-Mail an folgende Adressen:
FSC Canada, President & C.E.O. Antony Marcil
amarcil@fsccanada.org   oder   info@fsccanada.org
FSC International, Charles-de-Gaulle-Str. 5, 53113 Bonn
director.office@fsc.org   oder   info@accreditation-services.com
FSC Arbeitsgruppe Deutschland e.V., Nussmannstr. 14, 79098 Freiburg
info@fsc-deutschland.de
Smartwood Director, Jon Jickling
jjickling@ra.org
Smartwood, Regional Offices, Canada
Alexander Boursier, Regional Manager Canada

aboursier@ra.org
Smartwood, John Cathro, Forest Certification Specialist, British Columbia
jcathro@ra.org
 
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