bears and more • Klaus Pommerenke
 
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4. Februar 2012
Kanadas Regierung auf zweifelhaftem Weg: Die Interessen der
Ölindustrie gefährden zunehmend demokratische Strukturen
 
Das Joint Review Panel, ein Expertengremium, welches den abschließenden Bericht für das kanadische Kabinett für oder gegen den Bau der Enbridge Northern Gateway-Pipeline anfertigen wird, hatte im Dezember 2011 mitgeteilt, dass es diesen Bericht erst Ende 2013 vorlegen könne, nach Ablauf aller Anhörungen der vom Pipelinebau Betroffenen. Die erste dieser Anhörungen war am 10. Januar in Kitimat und dauerte zwei Tage. Insgesamt haben sich weit über 4.000 Personen registrieren lassen, um vor dem Joint Review Panel sprechen zu können und von ihrem legitimen Recht Gebrauch zu machen, Bedenken gegen das Pipeline-Projekt vorzutragen. Seit diesem Zeitpunkt laufen Bestrebungen der kanadischen Regierung, diesen demokratischen Prozess auszuhöhlen, ihn drastisch abzukürzen und die Anhörungsrechte stark zu beschneiden. Umweltschützer und betroffene Bürger in BC, die von ihrem Anhörungsrecht Gebrauch machen, werden als Radikale beschimpft, die von ausländischen Interessen gesteuert und finanziert würden, um dem nationalen Interesse Kanadas zu schaden. Premierminister Stephen Harper und sein Minister of Natural Resources, Joe Oliver, stellen die Gegner des Northern Gateway Pipeline-Projektes verbal sogar auf eine Stufe mit Flugzeugentführern. Sie werfen den Umweltschützern vor, den Anhörungsprozess für eigene Zwecke zu missbrauchen, ja ihn sogar zu „stürmen“ und zu „kapern“.
Der Minister Joe Oliver äußerte sich in einem offenen Brief vom 9. Januar 2012 zu diesen Umweltschützern: „These groups threaten to hijack our regulatory system to achieve their radical ideological agenda. They seek to exploit any loophole they can find, stacking public hearings with bodies to ensure that delays kill good projects. They use funding from foreign special interest groups to undermine Canada’s national economic interest.“ Premier Stephen Harper geht es ebenfalls viel zu langsam voran mit dem geplanten Bau der Ölpipeline nach Kitimat: „We have to have processes in Canada that come to our decision in a reasonable amount of time and processes that cannot be hijacked“, erklärte er in Edmonton. „In particular, growing concern has been expressed to me about the use of foreign money to really overload the public consultation phase of regulatory hearings, just for the purpose of slowing down the process.“
Umfassende und langwierige Umweltverträglichkeitsprüfungen sind Oliver und Harper längst ein Dorn im Auge. Als Industrielobbyisten wollen sie Pipeline- und Bergbauprojekte in kürzester Zeit durchpeitschen, ohne auf lästige Umweltschutzbelange Rücksicht nehmen zu müssen. Oliver kündigte bereits am 26.01.2012 an, dass die kanadische Regierung die Fristen zur Prüfung der Umweltverträglichkeit von Industrieprojekten drastisch verkürzen werde. Somit würden im Schnellschuss-Verfahren Baugenehmigungen erteilt werden können, ohne dass vorab mögliche Risiken für die Umwelt eingeschätzt werden. Manch kritischer Kommentator in Kanada fragt sich bereits, ob Premier Harper überhaupt noch als Premierminister handelt oder nur noch als Marionette einiger Ölkonzerne, die sich größtenteils in ausländischem Besitz befinden. Mit der angestrebten Exportsteigerung von Rohöl aus den Teersand-Abbaugebieten in Alberta nach Asien exportiert er auch gleichzeitig bis zu 50.000 kanadische Arbeitsplätze im Raffineriebereich nach China. Deshalb wird er vor allem von den Einwohnern der Provinz Alberta schwer kritisiert. Nachdem im Januar US-Präsident Obama den Bau der Keystone XL-Pipeline, die Öl von den Teersanden Albertas zur kanadischen Grenze und weiter bis nach Texas transportieren sollte, abgelehnt hat, ist Premier Harper noch entschlossener, den Pipelinebau der Enbridge Inc. nach Kitimat gegen alle Widerstände und Umweltschutzbedenken durchzudrücken. „President Obama adopted the precautionary principle and made the right decision“, kommentierte George Heymann vom Sierra Club BC die ablehnende Entscheidung von Obama zur Keystone XL-Pipeline. „In contrast, Prime Minister Harper recently suggested that his government may approve the widely opposed Enbridge pipeline regardless of the recommendations of an environmental review panel. This blatant disregard for the public review process undermines Canadian democracy.“ Immer mehr Menschen in Kanada sehen die konservative Harper-Regierung unter dem Diktat von Ölkonzernen, welches soweit reicht, dass sogar demokratisch legitimierte Mitspracherechte von betroffenen Bevölkerungsgruppen, vor allem der First Nations, gänzlich ausgehebelt oder zumindest stark beschnitten werden. Das Pipelineprojekt von Enbridge beginnt langsam auch die Demokratie in Kanada mit zu gefährden. „Pipeline project a gateway to disaster“ lautete die Überschrift des Artikels von Susan Riley am 13. Januar 2012 in der Ottawa Citizen. „… let’s call the Conservative government’s eagerness to ship tarsands oil to China through the Northern Gateway Pipeline what it is: humiliating, irresponsible and short-sighted.“
 
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