bears and more • Klaus Pommerenke
 
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21. Januar 2013
Anhörungen zum Northern Gateway Pipeline-Projekt gehen weiter.
Ökologische wie auch ökonomische Gegenargumente werden vorgebracht
 
Sieben Tage lang, bis 11. Januar 2013, tagte das Enbridge Northern Gateway Project Joint Review Panel (JRP) in Victoria. 253 Stellungnahmen wurden abgegeben, in allen wurden das Pipeline-Projekt und der hieraus resultierende Öltankerverkehr abgelehnt. Seit 14. Januar tagt das JRP in Vancouver, mit kurzer Unterbrechung dauern die Anhörungen bis 1. Februar. Ab 4. Februar werden die „Final Hearings“ in Prince Rupert beginnen und bis 18. Mai fortgesetzt werden.
Auch bei den aktuellen Anhörungen in Vancouver zeigt sich, wie vielfältig die Argumente gegen die Realisierung des Northern Gateway Projektes sind. Immer wieder wurde auf die völlig inadäquate Risikoeinschätzung von Enbridge hingewiesen, auf die fehlende „Sicherheitskultur“ innerhalb dieses Konzerns, auf die Risiken einer drohenden Ölpest, die sich mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit ereignen würde. In keiner Stellungnahme fehlten Hinweise auf die irreparablen Umweltschäden für das Ökosystem entlang der Küste von BC und darauf, dass Enbridge zwar den Gewinn aus dem Ölgeschäft absahnen würde, sich aber bei den Kosten zur Beseitigung einer durch einen Tankerunfall verursachten Ölpest völlig aus der Verantwortung stehle. „Risk of tanker oil spill too high for Enbridge project to proceed, Victoria-based consultant says“, lautete die Schlagzeile von Larry Pynn in der Vancouver Sun vom 13. Januar. Larry Pynn berichtete von der Anhörung des Ölbekämpfungs-Experten Gerald Graham: „A marine consultant involved in B.C. oil-spill issues for a quarter century says the risks of a tanker oil spill associated with Enbridge Northern Gateway are simply too great for the project to proceed. Gerald Graham of Victoria-based Worldocean Consulting Ltd. said that calculations based on Enbridge’s research show there is a 8.7-to-14.1 per cent chance of at least one tanker spill greater than 31.500 barrels [5,01 Millionen Liter] over a 50-year period, depending on whether the pipeline has a 525.000 or 850.000 barrel per day capacity [83,5 Millionen Liter bis 135,24 Millionen Liter].“ „The consequences of a major oil spill along B.C.’s north coast … could be catastrophic and irreversible“, erklärte Graham. „Couple this potentially disastrous outcome with a one-in-seven chance of one or more major spills occurring, and the overall threat level posed by Northern Gateway becomes unacceptably high.“ Der beabsichtigte Öltankerverkehr durch den engen Douglas Channel „is not in fact safe“ das Northern Gateway Projekt „as a whole is not in the public interest“. Stattdessen stellte er fest: „It is clearly in the long-term public interest of all of Canada to save this relatively pristine environment, the largest area of intact coastal temperate rainforest in the world, from the ravages of unchecked industrial development.“
Selbst aus Industriekreisen wurde das Northern Gateway Projekt von Enbridge massiv kritisiert. Marc Eliesen, Ex-Chef von B.C. Hydro und stellvertretender Minister of Energy von Manitoba und Ontario warf Enbridge sogar gefälschte Wirtschaftsaspekte und bewusste Fehlinformation vor („bogus economics with misinformation“). Eliesen erklärte: „It is my opinion that Enbridge has submitted marketing propaganda masquerading as economic analysis because of the one-sided, self-serving private benefit picture the proponent has presented. Therefore the public benefit test is not being met and therefore the project is not in the public interest.“ Seine Einschätzung zum Enbridge-Projekt lautete: „The case that has been presented to this panel is not professional, it is not reliable and it is not believable … The lack of professionalism reflected in the due diligence business case exposes this project as unsupportable on the basis of economic and business criteria.“ Marc Lee, Wirtschaftswissenschaftler am Canadian Centre for Policy Alternatives, zweifelt stark den von Enbridge versprochenen Nutzen für ganz Kanada an. In seiner Analyse mit dem Titel „Enbridge Pipe Dreams and Nigtmares: The Economic Costs and Benefits of the Proposed Northern Gateway Pipeline“ rückt er die unrealistischen Versprechungen des Konzerns zurecht. Sein Fazit lautet: „In some, there are few economic benefits of the pipeline outside the gains that accrue to shareholders, and at the same time there are massive costs that will be imposed on people and nature from the pipeline. The Northern Gateway Pipeline therefore fails the cost-benefit test and the Joint Review Panel should not approve it.“ Andere wiesen darauf hin, dass eine einzige Ölpest nicht nur die Fischerei, sondern die gesamte Tourismusbranche in BC schwer und nachhaltig schädigen würde, eine Branche mit einem jährlichen Umsatz von 14 Milliarden CAD. Bei einer Ölpest würde nicht nur der kleine Ökotourismus in den First Nations-Gemeinden im Great Bear Rainforest zusammenbrechen, das jahrelang mühsam aufgebaute und die dunklen Seiten der Realität vertuschende Markenzeichen von „Super, Natural British Columbia“ würde für immer zerstört. Bill Eisenhauer, der für den Tourismusverband von BC arbeitete, erklärte vor dem JRP in Victoria: „One spill – not the 804 that Enbridge had since 1999 – one oil spill will be a big black eye on tourism in B.C. and Canada … And it’s not only going to kill tourism on the North Coast for years to come. No, it’s going to have a significant, lasting negative affect on tourism in Vancouver and Victoria, Tofino and the entire Westcoast“. Eisenhauer stellte die Frage: „How many people are going to book their next family beach vacation in ‚Super, Natural British Columbia‘ after they see clean-up crews on TV news, day after day, wiping oil off the beaches and collecting up dead seals, otters and seabirds?“
 
Leider traten in der Presse die ökologischen Bedenken gegen das Projekt und die unkalkulierbaren Gefahren für die Umwelt in den Hintergrund und ökonomische Überlegungen rückten in den Fokus der Berichterstattungen. So ist es nicht verwunderlich, dass plötzlich die Kapitalanlagen der Pensionskassen in BC in auf den ersten Blick zwar profitable, aber die Umwelt ruinierende Ölgeschäfte diskutiert werden. Ökologisches Denken und ein Eintreten für den Umweltschutz könnten bei manchen rasch ihre Grenzen finden angesichts möglicherweise sinkender Leistungserwartungen aus den Pensionskassen. Die B.C. Investment Management Corp. (BCIMC) – der Hauptkapitalanleger öffentlicher Pensionskassen – hat 405,6 Millionen CAD in den Enbridge-Konzern investiert. Wie sehr die BCIMC auf hohe Renditen aus umweltzerstörenden Ölgeschäften hofft, zeigen auch weitere Kapitalanlagen: 659,8 Millionen CAD in den Teersande-Konzern Suncor Energy, 381,1 Millionen CAD in die TransCanada Corp., 317,3 Millionen CAD in die Exxon Mobil Corp., 158,8 Millionen CAD in Royal Dutch Shell, 96 Millionen CAD in Imperial Oil, 98,2 Millionen CAD in BP (verantwortlich für die Ölpest im Golf von Mexiko). Selbst die Pensionskasse der University of Victoria, die sich als besonders ökologisch denkend darstellt, hat 4 Millionen CAD in Enbridge investiert und über 50 Millionen in Ölsandgeschäfte und Öl- und Gasfirmen. Die BCIMC investierte nebenbei auch in Tabakkonzerne und Waffenhersteller wie z. B. Lockheed Martin.
Bis 31.12.2013 muss das JRP dem kanadischen Parlament seine Entscheidung über das Northern Gateway-Projekt vorlegen. Es hat zu prüfen, ob es sich gemäß dem Canadian Environmental Assessment Act und dem National Energy Board Act signifikant nachteilig auf die Umwelt auswirkt und ob es im nationalen bzw. öffentlichen Interesse Kanadas ist. Ob sich allerdings die Regierung unter Premier Stephen Harper an die Empfehlung des JRP halten wird, ist bereits jetzt anzuzweifeln. In seiner Gier nach Macht und Milliarden Dollars aus Ölgeschäften scheint Harper blind geworden zu sein für die Risiken von Ölkatastrophen. Als willfährige Marionette der Ölindustrie führt er seine konservative Regierung mit zweifelhaften Methoden zu genau den Gesetzesänderungen, welche die Ölkonzerne wünschen. Die Möglichkeiten, Umweltverträglichkeitsprüfungen einzufordern, wurden durch neue, schärfere Regeln stark eingegrenzt, der Schutz von Fischgewässern im Fischereirecht wurde völlig ausgehöhlt. Die meisten Flüsse und Seen Kanadas wurden aus dem Schutz durch das neue Navigation Protection Act ausgeschlossen. Vor dem Zugriff der Ölindustrie sind jetzt nur noch 62 Flüsse und 97 Seen Kanadas geschützt. Stephen Harper ist zum Erfüllungsgehilfen für die Interessen der Ölindustrie geworden. „What the oil industry wants, the Harper government gives“, lautete der Beitrag von Keith Stewart vom 9.1.2013 für Greenpeace Canada.
 
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