bears and more • Klaus Pommerenke
 
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6. Juli 2013
Abschluss der letzten Anhörungsrunde zum Northern Gateway Pipeline-Projekt:
In 96 % der eingegangenen Stellungnahmen wird das Projekt abgelehnt
 
Am 24. Juni endete in Terrace die letzte Anhörungsrunde des Joint Review Panel (JRP) zum Enbridge Northern Gateway Pipeline-Projekt. Jetzt hat das JRP bis 31. Dezember 2013 Zeit, einen umfassenden Bericht für die kanadische Regierung auszuarbeiten und eine Empfehlung abzugeben für oder gegen den Bau der Ölpipeline von den Teersande-Abbaugebieten in Alberta nach Kitimat im Great Bear Rainforest und den geplanten Öltankerverkehr durch den engen Douglas Channel. Das JRP muss u. a. entscheiden, „whether the project is likely to cause significant adverse environmental effects and if so, whether such effects are justified in the circumstances“. Von den beim JRP eingereichten schriftlichen Stellungnahmen lehnten 9.159 die Realisierung des Pipeline-Projektes ab (96 %). Nur 239 befürworteten das Projekt, 169 Stellungnahmen bezogen keine klare Position bzw. waren unentschieden. 160 vom Pipelinebau betroffene First Nations lehnten das Projekt ab, 31 Stadt- und Gemeindeparlamente in BC (u. a. von Prince Rupert, Queen Charlotte City, Terrace, Smithers, Vancouver und Victoria), zwei Regionaldistrikte, die Union of B.C. Municipalities, 6 Gewerkschaften und 410 private Unternehmen. Alleine die „No Tankers“-Petition der Dogwood Initiative unterzeichneten 150.000 Menschen. Die Petition an Premierministerin Christy Clark „Say no to Enbridge Northern Gateway“ schaffte es auf 15.000 Unterzeichner. Am 31. Mai hatte die Provinzregierung von BC gegenüber dem JRP erklärt, dass sie die Pläne zum Northern Gateway Pipeline-Projekt in ihrer jetzigen Form aus Umweltschutzgründen ablehnt (vgl. Meldung vom 3. Juni 2013 auf dieser Website). Bereits im April hatte das National Energy Board Kanadas 199 Vorab-Bedingungen formuliert, welche der Enbridge-Konzern erfüllen müsste, um überhaupt eine Zustimmung zum Northern Gateway-Projekt erwarten zu können.
 
The people of British Columbia say NO to Enbridge © Pacific Wild, Ian McAllister
 
Trotz der sehr breiten Ablehnung des Northern Gateway Pipeline-Projektes ist es völlig offen, ob das JRP nicht doch der kanadischen Regierung die Realisierung des Projektes mit gewissen Umweltschutzauflagen vorschlagen wird. Nach Beobachtung vieler Beteiligter ist es derzeit kaum einzuschätzen, wie die Empfehlung des JRP letztendlich ausfallen wird – für oder gegen das Projekt. Selbst wenn das JRP der kanadischen Regierung im Dezember 2013 empfehlen wird, das Projekt abzulehnen, wird die kanadische Regierung leider nicht an diese Empfehlung gebunden sein. Schon 2012 hatte Stephen Harper eine Gesetzesänderung veranlasst, nach der die Regierung nicht mehr an die Empfehlung des JRP gebunden ist, sondern sich darüber hinwegsetzen kann. Premierminister Stephen Harper will Kanada zu einer neuen Öl-Supermacht führen, schon vor Jahren pries er Kanada als „an emerging energy superpower“. Hierbei spielt das Northern Gateway-Projekt eine wichtige Rolle. Über die Ölpipeline nach Kitimat und den dort zu bauenden Ölhafen soll das sonst schwierig an die Märkte zu bringende Öl aus den Teersanden Albertas endlich leichter und auf direktem Wege die asiatischen Märkte erreichen. Dort hat man keinerlei Umweltschutzbedenken (wie sie zaghaft in den USA und auch in Europa geäußert werden) gegen dieses schmutzige Öl mit verheerender Ökobilanz. Harper, Sohn eines Imperial Oil-Managers, hat deshalb schon im Vorfeld sichergestellt, dass das Northern Gateway-Projekt bei einer wirklichen Ablehnung durch das JRP trotzdem gegen alle Umweltschutzbedenken durchgedrückt werden kann. Die Realisierung des Projektes sei „im nationalen Interesse“ Kanadas und so ist Harper ein willfähriger Erfüllungsgehilfe für die Interessen der Ölindustrie. Er erfüllt sich gleichzeitig seine Wunschvorstellungen jahrzehntelang sprudelnder Steuereinnahmen und Regierungschef der neuen Öl-Supermacht Kanada zu sein, dem neuen Saudi-Arabien. Dr. Paul Paquet von der Raincoast Conservation Foundation schrieb am 26. Juni zu dieser von Harper initiierten Gesetzesänderung, die seine Ölpläne gegen eine möglicherweise drohende Ablehnung durch das JRP „immunisieren“: „Although the weight of evidence is in our favour, federal politics are not. The C-38 omnibus bill [hierin versteckte sich zwischen anderen Gesetzesvorhaben auch die oben genannte Gesetzesänderung] gutted key environmental legislation and the federal government gave itself, not the National Energy Board, the final say on the Enbridge proposal. Knowing this, it’s critical that over the coming months Raincoast keeps the issue in the public mind and media …“ (Dr. Paul Paquet, Final argument, but not the last word. Notes from the field, 26. Juni 2013).
Als ob es nicht schon genügend Gegenargumente zum Northern Gateway Pipeline-Projekt von Enbridge gäbe, ereigneten sich zum Abschluss der Anhörungsrunde des JRP bereits neue Ölunfälle. Am 23. Juni musste Enbridge zwei Ölpipelines in Alberta (Athabasca und Waupisoo Pipeline) kurzfristig abschalten, nachdem es in Folge starker Regenfälle zu einem Leck gekommen war. Bei Fort McMurray traten etwa 750 Barrel Öl aus der Linie 37 aus, es gelangten „small quantities of crude in local waterways“ (Shawn McCarthy, Enbridge restarting two Alberta pipelines. The Globe and Mail, 24. Juni 2013). Auch Kinder Morgan, der Pipeline-Konzern, der die Kapazität der Trans Mountain Pipeline nach Burnaby bei Vancouver von 300.000 Barrel pro Tag auf 890.000 Barrel pro Tag erhöhen will, hatte neue Ölaustritte aus seinem Pipelinesystem zu melden. Am 27. Juni leckte die Ölpipeline ca. 40 km östlich von Hope, ca. 4.000 Liter Öl traten aus (Dene More, Kinder Morgan’s Trans Mountain pipeline shut after second leak in month, The Globe and Mail, 27. Juni 2013). Am 12. Juni kam es bereits zu einem Pipelineriss bei Merritt, ca. 120 km nördlich von Hope, knapp 2.000 Liter Öl waren ausgelaufen (Jeffrey Jones, B.C. Trans Mountain Pipeline leak small, but ill-timed, The Globe and Mail, 13. Juni 2013).
Am 1. Juni leckte eine Pipeline der Apache Corp. bei Zama City im Norden von Alberta und verseuchte 42 Hektar Land. Durch die Pipeline flossen toxische Abwässer und Rückstände aus der Öl- und Gasförderung. Bis das Leck entdeckt wurde waren bereits 9,5 Millionen Liter der toxischen Brühe ausgelaufen. „Toxic waste spill in northern Alberta biggest of recent disasters in North America“, schrieb Nathan Vanderklippe am 12. Juni in „The Globe and Mail“. Während die Apache Corp. verharmlosend von „produced water“ sprach, welches ausgetreten sei, beschreibt Vanderklippe die Tatsachen: „The substance is the inky black colour of oil, and the tree tops are brown. Across a broad expanse of northern Alberta muskeg, the landscape is dead. It has been poisoned by a huge spill of 9,5 million liters of toxic waste from an oil and gas operation in northern Alberta, the third major leak in a region whose residents are now questioning whether enough is being done to maintain aging energy structure.“ Firmensprecher Paul Wyke sprach von ausgetretenem „salty water“ mit „trace amounts“ von Öl. Das Energy Resources Conservation Board der Provinz Alberta stellte richtig, dass es sich bei diesen „Spuren“ von Öl um 2.000 Liter handelte. „Every plant and tree died“, erklärte James Ahnassay, Häuptling der Dene Tha First Nation, die in diesem Gebiet lebt. Nach seinen Informationen enthielt die toxische Brühe „hydrocarbons, high levels of salt, sulphurous compounds, metals and naturally occuring radioactive materials, along with chemical solvents and additives used by the oil industry“. Die Pipeline war erst 5 Jahre alt und sollte angeblich jahrzehntelang problemlos halten. Dies wirft ein besonderes Licht auf die Versprechen und Garantien der Pipelinekonzerne für die Sicherheit ihrer Pipelinesysteme. Geradezu skrupellos ist es, dass weder die Provinzregierung von Alberta noch die Apache Corp. die Öffentlichkeit über dieses Riesenleck informierten. „Neither Apache nor Alberta initially disclosed the spill, which was only made public after someone reported it to a TV station …“, schrieb Nathan Vanderklippe. „With the spill so large why did the Alberta government not report it to the public? Was the Redford government hoping that because of the remoteness of the area that they could just cover it up because no one would notice“, fragte sich Mike Hudema von Greenpeace Canada. „If the Alberta government didn’t inform you about one of the largest spills in the province’s history – how many other spills don’t we know about?“
Die neuen Vorfälle zeigen, wie wichtig es ist, immer wieder auf die Gefahren hinzuweisen, die bei Realisierung des Northern Gateway-Projektes auf die Umwelt in British Columbia und speziell auf den Great Bear Rainforest mit seinen Gewässern zukommen würden. Chris Genovali, Executive Director der Raincoast Conservation Foundation, schrieb am 1. Juli: „Although the hearings have concluded, Raincoast’s work to stop Northern Gateway has not. In December, the JRP makes its recommendations to the Prime Minister. And while we welcome the BC government’s rejection of the Enbridge application, the province has clearly left the door open to future reconsideration of Northern Gateway. It’s critical that we maintain momentum. Our aim over the next six months is to keep this issue at the top of the political agenda, in the media spotlight and on the public’s mind.“
 
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