bears and more • Klaus Pommerenke
 
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10. Juli 2009
Puma-Angriffe auf Menschen in BC. Was fehlt, ist eine
beiderseitige Schutzstrategie, um Konflikte zu vermeiden
 
Anlässlich eines Puma-Angriffs auf ein dreijähriges Mädchen, welches am 16. Juni abends mit seiner Mutter unweit von Squamish spazieren ging, entbrannte eine Diskussion über die Gefahr von Puma-Attacken auf Menschen bzw. über eine Puma-Schutzstrategie für BC. Der Mutter gelang es, den Puma zu vertreiben, ihre Tochter musste ins Krankenhaus gebracht werden, wo ihre Verletzungen genäht werden mussten. Am 4. Juli wurde ein siebenjähriger Junge durch einen Puma-Angriff verletzt, als er mit seiner Mutter und seinem jüngeren Bruder bei Quesnel spazieren ging.
Pumas, auch Berglöwen oder Cougar genannt (Felis concolor) sind in aller Regel äußerst scheue Jäger, die kaum einmal zu Gesicht zu bekommen sind, doch in den letzten Jahren wurden Berichte über Begegnungen zwischen Pumas und Menschen häufiger. Tödliche Angriffe von Pumas auf Menschen sind zwar extrem selten, kamen jedoch vor. So wurde 2001 eine Skiläuferin 12 km von Banff entfernt von einem Puma getötet, 1996 starb eine Frau durch einen Puma-Angriff bei Princeton und 1992 wurde ein achtjähriger Junge in Kyuquot im Nordwesten von Vancouver Island von einem Puma getötet.
Entgegen der Annahme, dass häufigere Begegnungen von Mensch und Puma mit einer stark gestiegenen Anzahl von Pumas in BC zusammenhängen, ist die Pumapopulation in BC schon seit Jahren offensichtlich am Sinken. Einst war der Puma wohl das am weitesten verbreitete Landsäugetier in der westlichen Hemisphäre, doch alleine in Nordamerika ist er längst aus 50 % seines ursprünglichen Verbreitungsgebiets verschwunden. In Westkanada leben drei Subspezies: der Vancouver Island-Puma, der Küsten-Puma und der Rocky Mountain-Puma. BC beherbergt noch die größte verbliebene Pumapopulation Kanadas, doch auch hier sind die Bestandszahlen stark am Zurückgehen. Das Umweltministerium von BC schätzt zum Beispiel, dass die Population der Pumas auf Vancouver Island von etwa 750 im Jahr 1995 auf gegenwärtig nur noch 350 gesunken sei. Dies kommt nicht von ungefähr: in den letzten 20 Jahren sank die Population der Schwarzwedelhirsche, der Hauptbeute der Pumas, auf Vancouver Island von 200.000 auf nur noch 55.000. Ein Hauptfaktor hierfür ist der Verlust geeigneter Lebensräume für die Schwarzwedelhirsche. Sie benötigen dringend Urwälder mit altem Baumbestand, die ihnen vor allem im Winter eine ausreichende Nahrungsgrundlage bieten. Die lichtlosen und vegetationsarmen Holzäcker der Sekundärwälder, die auf Vancouver Island fast überall den Urwald ersetzt haben, bieten keine ausreichende Lebensgrundlage mehr. Von 91 Wassereinzugsgebieten über 5.000 Hektar sind nur noch 6 intakt. Im Osten von Vancouver Island blieb kein einziges dieser Gebiete unberührt, kein einziges ist geschützt. Über 75 % der einst vorhanden gewesenen Urwaldgebiete wurden bereits kahl geschlagen und durch die Holzäcker der Tree Farms ersetzt. Mit der Zerstörung des Lebensraumes der Hirsche sank deren Population drastisch und mit der Verringerung des Beuteangebots an Hirschen sank auch die Population der Pumas (und natürlich auch der Wölfe) auf Vancouver Island.
Auf den Gulf Islands hingegen kam es teilweise zu einer Massenvermehrung der Schwarzwedelhirsche, da deren natürlichen Feinde – Pumas und Wölfe – sofort getötet wurden, sobald sie auftauchten. Dieses extreme Ungleichgewicht im Jäger-Beute-Verhältnis führte dazu, dass die Schwarzwedelhirsche die Vegetation stark schädigten, die Strauch- und Krautschicht im verbliebenen Wald nachhaltig abfraßen, die Pflanzendecke veränderten und ausdünnten und auch die natürliche Regenerationsfähigkeit des Waldes blockierten.
Ein erster Entwurf für einen Puma-Management-Plan wurde in BC schon 1980 diskutiert. Bereits damals wurde gewarnt, dass die Pumapopulation schon in naher Zukunft sinken wird – als Resultat eines zunehmenden Lebensraumverlustes sowohl für die Pumas als auch für deren Beutetiere. Es wurde deshalb vorgeschlagen, den Lebensraum beider besser zu schützen. Dieser Vorschlag wartet jetzt, fast 30 Jahre später, immer noch darauf, von der Provinzregierung endlich in die Tat umgesetzt zu werden. Es gibt aktuell keinerlei Ansätze, die verbliebene Pumapopulation in BC zu erfassen oder sie wissenschaftlich zu untersuchen. Angaben der Provinzregierung, dass es etwa 4.000 bis 6.000 Pumas in BC gibt, sind bloße Schätzungen und entbehren jeder wissenschaftlichen Grundlage. Die führenden Pumaforscher Ken Logan und Linda Sweanor sehen in der unkontrollierten Ausbreitung von Siedlungsgebieten in Wildtierlebensräume hinein die größte Gefahr für den Pumaschutz. Immer mehr Straßen, Siedlungen und Freizeiteinrichtungen entstehen in der Wildnis, immer mehr Menschen zieht es hinaus aus den Städten und so steigt zwangsläufig auch die Wahrscheinlichkeit, dass sich Mensch und Puma nahe kommen. „According to the Cougar Management Guidelines Working Group, high densities of humans, roads and development decrease habitat quality for cougars by increasing the potential for depredation incidents involving pets and making more likely the implementation of policies favouring the removal of cougars to reduce the potential for attacks on humans. Clearly, this is the case in BC where continuing encroachment on wildlife habitat has led to a predominantly ‘shoot-first-ask-questions-later’ method of large carnivore management“, beschreibt Chris Genovali, Executive Director der Raincoast Conservation Foundation das Problem. Squamish, zwischen Vancouver und Whistler gelegen, und Schauplatz der letzten Puma-Attacke, liefert ein gutes Beispiel für dieses Dilemma: es wurde viel gebaut, die autobahnähnliche Schnellstraße nach Whistler, neben Vancouver Austragungsort der Olympischen Winterspiele 2010, wurde ausgebaut und es gibt Pläne für die Erschließung eines neuen Skigebietes. Laut Bürgermeister Greg Gardner wurden zwar im Vorfeld Wildtierlebensräume erfasst, jedoch gibt es keinerlei Wildschutzzonen oder -korridore, um eine für Mensch und Tier gefahrlose Wildtierwanderung zu ermöglichen. Konflikte sind so vorprogrammiert. Für Dr. Paul Paquet von der Universität Calgary, der sich sehr frühzeitig für die Schaffung von Wildtierkorridoren in den Rocky Mountains eingesetzt hat – so z. B. im Bow Valley im Banff Nationalpark – und deren Auswirkungen erforscht hat, sind diese Einrichtungen ein Erfolgsmodell. Er plädiert für die Reduzierung des Konfliktpotentials durch gute Planung und für mehr Toleranz: „Humans and predators can coexist and it’s never going to be perfect but that’s why you have to become more tolerant and understanding that conflicts can occur and try to reduce the impact.“
Letztendlich kann nur ein verbesserter Landnutzungsplan, der sowohl Siedlungsentwicklung als auch Wildtierschutz ermöglicht, zu einem möglichst konfliktarmen Nebeneinander von Menschen und den großen Beutegreifern wie dem Puma führen. Davon ist die Provinzregierung von BC leider noch weit entfernt. Derzeit bemüht sie sich eher – wie unlängst durch einen Naturschutzbeauftragten (Conservation Officer) geschehen – die offensichtlich negativen Einflüsse von ungebremsten und schlecht geplanten Siedlungsentwicklungen auf Puma-Lebensräume geringschätzig abzutun und Mensch-Puma-Konflikte über die Jagd zu regulieren. Selbst die Mutter des dreijährigen Mädchens, welches in Squamish durch den eingangs beschriebenen Puma-Angriff verletzt wurde, sieht ungezügeltes Siedlungswachstum als Wurzel des Problems der zunehmenden Mensch-Puma-Konflikte. Die Provinzregierung hingegen setzt ohne jede wissenschaftliche Datenbasis über die Populationsgröße weiter auf die Trophäenjagd auf Pumas und auf deren gezielten Abschuss, um z. B. den gefährdeten Bestand der Vancouver Island-Murmeltiere zu sichern oder die Bestandserholung der ebenso gefährdeten Bergkaribus zu erleichtern. Die Probleme des Massentourismus und des Skigebietes auf dem Mount Washington, welche die letzten Murmeltiervorkommen auf Vancouver Island viel mehr gefährden als Pumas und Wölfe und die Abholzung der Inlandsregenwaldgebiete mit ihrer katastrophalen Auswirkung auf die Bergkaribupopulation werden hingegen aus ökonomischen Interessen kaum diskutiert. Es erscheint einfacher, der Öffentlichkeit mit der Pumabekämpfung eine (Schein-)Lösung anbieten zu können. So dauert die Jagdsaison für Pumas zum Beispiel auf Vancouver Island oder in der Region 2 (Lower Mainland, dies umfasst das Gebiet im Süden von BC) vom 10. bzw. 12. September 2009 bis zum 15. Juni 2010. Die Schonzeit von Mitte Juni bis Anfang September ist sehr kurz und ein weiteres Problem besteht darin, dass junge Pumas in der Regel zwischen Februar und September, prinzipiell aber zu jeder Jahreszeit geboren werden können. Selbst junge Pumas dürfen getötet werden, sobald sie über ein Jahr alt sind oder sie die für junge Pumas typischen dunklen Fellpunkte bereits verloren haben. Häufig werden Pumas im Winter gejagt, wenn ihre Spuren sie verraten und sie leicht von einer Hundemeute gehetzt werden können, bis sie sich auf einen Baum retten. Die Jäger folgen dann ihren bellenden Hunden bis zum umzingelten Baum und können den Puma bequem herunterschießen.
Ausgewachsene Pumas wiegen bis zu 90 kg, in Ausnahmefällen bis zu 105 kg. Ihre Körperlänge beträgt 1,5 bis 2,7 Meter, alleine ihr Schwanz ist 50 bis 90 cm lang. Ihre Schulterhöhe liegt bei etwa 65 bis 80 cm. Meist werden zwei bis drei Junge geboren, die Wurfgröße schwankt zwischen eins und sechs. Etwa sechs Wochen lang werden die Jungen gesäugt, danach – mit einem Gesicht von etwa drei kg – fressen sie feste Nahrung. Für 1 ½ bis zwei Jahre bleiben die Jungen bei der Mutter, danach werden sie zu Einzelgängern. Pumas sind extrem kraftvolle Tiere: im Sprint werden sie bis zu 56 km/h schnell. Auf der Jagd nach Beute können sie bis zu 9 Meter weite Sätze machen und 4,5 bis 5 Meter in die Höhe springen.
 
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