bears and more • Klaus Pommerenke
 
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20. September 2009
Redfern Ressources, Besitzer der Tulsequah Chief-Mine, ist bankrott – ein riesiges Umweltproblem bleibt. Wer für die Beseitigung der hochgiftigen Hinterlassenschaften aufkommt, ist völlig offen
 
Schon am 27. März 2009 ist Refern Ressources Ltd., eine Tochtergesellschaft von Redcorp. Ventures Ltd. und zu 100 % in deren Besitz, in Konkurs gegangen. Die Tulsequah Chief-Mine liegt in British Columbia am Tulsequah River, einem Nebenfluss des Taku River, etwa 12 Meilen stromaufwärts an der Grenze zwischen Alaska und BC und etwa 40 Meilen nordöstlich von Juneau. Redfern kaufte die alte, 1957 geschlossene Mine vom damaligen Betreiber Comico (jetzt Teck Comico Ltd.) und verpflichtete sich, die damit verbundenen Umweltprobleme zu beseitigen. Comico schloss damals die Mine ohne jede Altlastenbeseitigung und Säuberungsaktionen von Schwermetallrückständen, stark giftigen Säureabwässern und Säureschlämmen (Acid Mine Drainage, AMD). In der Mine wurden Zink, Kupfer, Blei, Gold und Silber gefördert und in künstlich angelegten und notdürftig abgedichteten Auffangbecken wurden die anfallenden extrem giftigen Säureschlämme zwischengelagert. Seit 52 Jahren sickern nun Schwefelsäure und all die anderen Substanzen dieser Giftbrühe langsam, aber stetig in den Tulsequah und Taku River und bedrohen – da die Sicherheitslage dieser alten Giftbecken, sogenannte tailing ponds, immer schlechter wird – die Fischbestände. Der Geophysiker David Chambers berechnete anhand der staatlichen Untersuchungsergebnisse den jährlichen Gifteintrag in den Tulsequah und Taku River und kam unter anderem auf 55 kg Blei, 44 kg Cadmium, 22 kg Arsen sowie 15 Tonnen Schwermetalle.
Speziell der Taku River gilt als einer der fünf wichtigsten Lachsflüsse Alaskas. Bis zu zwei Millionen Lachse laichen dort jährlich, wobei die Hauptlaichgründe nicht in Alaska, sonder weiter stromaufwärts in BC liegen. Die Lachsfischerei am Taku River bringt den Fischern in Alaska jährlich über 7 Millionen US $ ein, 400 Arbeitsplätze hängen daran und all dies ist mehr denn je bedroht durch die tickende Zeitbombe, die sich jenseits der Grenze in BC befindet. Schon 1989 erließ die Regierung in BC eine Anordnung an Comico, endlich Säuberungsmaßnahmen vorzunehmen, um den Gifteintrag zu stoppen, doch es geschah nichts. Wasserproben, die staatliche Stellen 1990 entnahmen, erwiesen sich als äußerst toxisch für Fische. Im Juli 2002 setzte Environment Canada Redfern eine Frist bis Oktober 2003, den Gifteintrag zu beenden. Bei der erneuten Kontrollinspektion der Mine im Oktober 2003 wurde dann festgestellt: „… none of the measures undertaken by Redfern has significantly reduced the actually lethal toxicity of the ARD (Acid Rock Drainage) discharges from the two minesites …“ Statt gegen Redfern zu klagen und Zwangsmaßnahmen zu vollstrecken erhielt die Firma für Säuberungsaktionen einen weiteren Aufschub bis Juni 2005. Im Juli 2005 wurde erstmals eine kleine Wasseraufbereitungsanlage installiert, sonst passierte nahezu nichts. Die kanadische Bundesregierung wie auch die Provinzregierung von BC schritten immer noch nicht ein, dafür forderte Redfern den Bau einer Zufahrtsstraße zur Mine von Atlin aus. Im September 2008 – 51 Jahre nach der Schließung der alten Mine – vertröstete der Konzern nochmals: „Mit Fertigstellung der Straße und dem Aufbau der Wasseraufbereitungsanlage werden wir damit anfangen, abgelagerte Altlasten auf eine neue Müllhalde zu bringen, einer der ersten Schritte, den Platz zu säubern und die Entwicklung des Standortes fortzusetzen.“ Noch immer verschleppten sowohl die kanadische Regierung als auch die Provinzregierung von BC juristische Schritte gegen Redfern und setzen die lange Tradition des Gewähren Lassens und Wegschauens fort. Es war ihnen offensichtlich egal, wenn die Abwässer dieser Mine die Lachsfischerei am Taku River in Alaska gefährdeten. Chris Zimmer aus Juneau von der Umweltschutzorganisation Rivers without Borders stellte hierzu fest: „The bottomline is that wild salmon are not a major priority for the government of British Columbia. For example, during the initial review of the Tulsequah Chief mine in 2000 and 2001, the province simply assumed there were no salmon in the Tulsequah River. It was up to the Alaska Department of Fish and Game to conduct studies, which found high value fish habitat and significant numbers of juvenile sockeye, coho and chum salmon. More currently, British Columbia continues to promote its near-shore farmed salmon industry, despite clear evidence of threats to wild salmon from sea lice and escapees. Taku wild salmon and the Alaskan jobs they support are too important for us to simply entrust their future to British Columbia.“
Jetzt ist Redfern bankrott und es wurde sogar noch schnell die Wasseraufbereitungsanlage entfernt, um Gläubiger bezahlen zu können. Dies geschah trotz einer ausdrücklichen Aufforderung von Tom Irvin, Beauftragter des Alaska Department of Natural Ressources, an British Columbia, dies nicht zuzulassen. Selbst die gewiss industriefreundliche Ex-Gouverneurin von Alaska, Sarah Palin, schrieb einen Brief an Premierminister Campbell und setze sich für den Schutz der Taku-Fischerei vor den Gefahren der Tulsequah Chief-Mine ein und forderte einen Zeitrahmen für den Stop des Gifteintrages in den Taku River. Dieser Brief blieb bis heute unbeantwortet und so liegt es jetzt an Gouverneur Sean Parnell, die Rechte Alaskas gegen eine seit Jahrzehnten untätige und unwillige Provinzregierung von BC und gegen die kanadische Regierung durchzusetzen. Das Recht steht klar auf der Seite Alaskas. Im International Joint Boundary Waters Treaty von 1909, dem Grenzwasser-Vertrag, wurde festgehalten: „Waters flowing across the boundary shall not be polluted on either side to the injury of health or property on the other.“ Die International Joint Commission hat hierüber zu wachen und notfalls muss das US State Department bemüht werden, um Kanada an seine Pflichten zu erinnern. Kanada als Gewässerverschmutzer war bereits bei Fällen in Montana und im Great Lakes-Gebiet durch Anwendung der Bestimmungen dieses Grenzwasser-Vertrages unterlegen.
Redfern hat nach Gerichtsangaben bis zu 500 Millionen US $ Verbindlichkeiten, jedoch nur zwischen 50 und 100 Millionen US $ Vermögenswerte. Für Gericht und Konkursverwalter (McIntosh & Morawetz Inc.) hat die Bezahlung der Gläubiger die höchste Priorität. Deshalb wurden bereits Gerätschaften und Versorgungsgüter von der Mine geholt, um sie zu Geld zu machen. Das erste Luftkissenboot, welches für 13,2 Millionen US $ gebaut wird, ist nur zur Hälfte bezahlt. Der Konkursverwalter sei zwar auch an Umweltschutzgesetzte gebunden, aber es gebe wenige Sicherheiten für den Fall, dass Redfern nicht einmal die Gläubigerforderungen begleichen kann, sagte Chris Zimmer. „Wie ist der Konkursverwalter an das Fischereigesetz und die Säuberungsanweisungen gebunden“, fragte er sich. Die letzte dieser Anweisungen, den Gifteintrag zu stoppen, erfolgte am 25. Mai 2009, nachdem weitere Probeentnahmen vom Grund der Mine eine 100 %ige Mortalitätsrate von Fischen in weniger als drei Stunden ergeben hatten. Jetzt, nach dem Redfern-Bankrott, erscheint das großspurig gegebene Versprechen des Mutterkonzerns Redcorp Ventures Ltd. auf seiner Website (www.redcorp-ventures.com) zur Beseitigung des Umweltproblems nichts mehr wert zu sein. Unter „Environmental Commitment“ findet sich nach wie vor folgendes: „When Redfern Ressources Ltd. took ownership of the Tusequah Chief mine, the Company committed to cleaning up the historic source of pollution from ‚potentially acid generating’ rock (PAG rock). Implementing cleanup works at the Tulsequah Chief is a multi faceted process – with many challenges. Redfern, however, is steadfastly restoring the environmental condition of the Tulsequah Chief.“
Statt die seit Jahrzehnten überfällige Beseitigung des Umweltproblems schleunigst einzuklagen, setzten die Provinzregierung von BC und der kanadische Staat ihre Politik des Ignorierens von Umweltschäden zugunsten der Bergbaukonzerne auch dann noch fort, als Redfern im Dezember 2008 bereits alle Arbeiten an der Mine eingestellt hatte und sich das Finanzdesaster längst abzuzeichnen begann. Jetzt zahlt womöglich die Allgemeinheit für das Nichtstun des Staates, wenn Steuermittel zur Sanierung der Altlasten dieser Mine eingesetzt werden müssen. Parallelen drängen sich auf zu den Energiekonzernen, die deutsche Kernkraftwerke betreiben und die sich nach jahrelangen Milliardengewinnen jetzt aus der finanziellen Verantwortung stehlen können, wenn es um die Sanierung von Asse oder die halbwegs sichere Endlagerung ihrer radioaktiven Hinterlassenschaften geht. Auch in Deutschland versäumte es der Staat, die Energiekonzerne gesetzlich zu verpflichten, für die gesamten Endlagerkosten ihrer radioaktiven Abfälle aufzukommen. Dieses Versäumnis wird zu Lasten der Steuerzahler gehen.
Dank des Bankrotts von Redfern ist zwar zunächst die Gefahr von noch mehr Giftstoffeintrag in den Taku und Tulsequah River gebannt, der bei Wiederaufnahme der Bergbautätigkeit an der Tulsequah Chief Mine stattgefunden hätte. Auch der drohende Schiffsverkehr mit Luftkissenbooten und sogenannten „Aquatraktoren“ mit riesigen Ballonreifen, die das Flussbett zerstört hätten, findet nicht statt, doch bleibt der seit 52 Jahren bestehende Gifteintrag in die Flüsse auch in Zukunft bestehen. Ohne baldige Sanierung schwindet die Sicherheit dieser alten Giftbecken und man hofft weiter, dass die Katastrophe noch eine Zeitlang auf sich warten lässt.
Nach dem Bankrott von Redfern, der alle Sanierungspläne platzen ließ, fragte sich Chris Zimmer: „The question is, are we going to have the same thing we had in the 1950’s, when a mining company walks away and leaves a big mess?“
 
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