bears and more • Klaus Pommerenke
 
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24. September 2009 / 5. November 2009
Provinzregierung von BC und Forstindustrie wollen
Umweltschutzregeln für den Holzeinschlag wieder außer Kraft setzen
 
Die Provinzregierung von BC plant offensichtlich, die Borkenkäferplage in den Inlandswäldern als Vorwand zu nehmen, hart umkämpfte Umwelt- und Naturschutzregeln für den Holzeinschlag wieder aufzuweichen. Den Sägewerken und der holzverarbeitenden Industrie wird schon bald der Holznachschub fehlen, da durch die Borkenkäferepidemie im Landesinneren sehr viel Holz wertlos geworden ist und nicht mehr verarbeitet werden kann. Dieser Verlust an Holzvorrat soll nun durch die Schaffung von sogenannten „kommerziellen Waldreservaten“ (commercial forest reserves), in denen frei von Umweltschutzauflagen intensiv Holz eingeschlagen werden kann, wettgemacht werden. Schon im Januar 2009 hatte Premierminister Campbell auf der Jahrestagung der Truck Loggers Association angekündigt, Waldgebiete zur rein kommerziellen Nutzung einzurichten, in denen die Forstindustrie ohne Umweltschutzrestriktionen Holz einschlagen und Holzäcker mit erntegerechten Neupflanzungen anlegen kann. Waldgebiete im Besitz des Staates bzw. der Provinz sollen jetzt als garantierte Holzeinschlagsgebiete zur rein kommerziellen Nutzung für die Forstindustrie ausgewiesen werden, sozusagen als Schutzgebiete für die Interessen der Forstwirtschaft. In diesen kommerziellen Wandreservaten dürfte die Forstindustrie machen, was sie will, sie wäre weitestgehend frei von allen Auflagen zum Wildtier- und Naturschutz, zum Gewässer- und Trinkwasserschutz und müsste auf keinerlei Erholungs- bzw. Tourismusinteressen Rücksicht nehmen. Hauptsache, diese Gebiete sichern mittelfristig den Holznachschub für die Sägewerke durch ihre Holzäcker mit genselektierten Turbo-Bäumen, die als Hochleistungsproduktionsstandorte im Kurzumtrieb mit Rotationszyklen von nur noch 40 bis 50 Jahren bewirtschaftet werden sollen. Forstminister Pat Bell kündigte bereits an, dass in solchen Gebieten „einige Umweltschutzrestriktionen“ – außer Kraft gesetzt werden könnten. Die ohnehin äußerst unzulänglichen Regeln für den Holzeinschlag (die bei Übertretungen oftmals leider keinerlei juristische Konsequenzen für die Forstkonzerne haben), bei öffentlichem Interesse z. B. bestimmte Waldstücke zu erhalten oder mit dem Holzeinschlag in der Nachbarschaft von existierenden Kahlschlagsflächen so lange warten zu müssen, bis sich diese wieder etwas begrünt haben, würden dann wegfallen.
Bell sagte, es sei noch keine Entscheidung darüber gefallen, wie viel öffentliches Land für diese kommerziellen Waldreservate der Forstindustrie zur Verfügung gestellt werden wird. Diese Intensiv-Holzeinschlagsgebiete sollen über die ganze Provinz verteilt sein, d. h. auch der Great Bear Rainforest und Waldgebiete entlang der Küste sind hiervon nicht ausgenommen. Zunächst seien Waldgebiete im Norden von Vancouver Island hierfür vorgesehen. Ziel der Provinzregierung ist es, zunächst mit kleineren Gebieten zu beginnen und diese dann immer weiter auszudehnen. Ken Wu vom Western Canada Wilderness Committee warnt bereits frühzeitig: „Das Konzept ist wie ein Tumor – wenn etwas davon umgesetzt ist, wird es rasch wachsen und sich ausbreiten“. Aufgrund der massiven Kritik von Umweltschutzorganisationen an den geplanten kommerziellen Waldreservaten versuchte Bell zu beschwichtigen: „We believe there is a role for a commercial forest reserve. This isn’t a large amount of land. It’s a relative small amount of land where we focus on high-value forestry and maximizing the growth of those sites.“ Das Wort „Reservat“ für diese Gebiete kompletter Waldzerstörung suggeriert kleine Flächen, doch geplant dürfte die ungehinderte Ausweitung der rein kommerziell orientierten Forstwirtschaft auf weite Flächen sein. Im Grunde genommen handelt es sich hierbei um die von Premierminister Campbell schon 2004 beabsichtigte Privatisierung des öffentlichen Waldbesitzes. Jetzt behält die öffentliche Hand zwar formal das Land, alleinige kommerzielle Nutzungsrechte, versehen mit der Gratis-Befreiung von Umweltschutzauflagen, gingen jedoch auf die Forstindustrie über. „Pat Bell essentially wants to put in place a major land-use change without a land-use planning process, or any public process“, erläuterte Ken Wu. „That’s a no-go.“ Die Forstindustrie und auch die Vereinigung der Forstarbeiter begrüßten die Ankündigung von Pat Bell. Durch die Immobilienkrise in den USA und den dramatisch eingebrochenen Holzabsatz dorthin waren Tausende Forstarbeiter arbeitslos geworden. Die Borkenkäferplage im Landesinneren vernichtete zudem einen großen Holzvorrat und so drohte laut Provinzregierung langfristig auch die Schließung von weiteren 8 bis 12 Sägewerken. In den Inlandswäldern von BC wurden bislang jährlich etwa 50 Mio. m³ Holz eingeschlagen, doch um das Holz vor dem drohenden Borkenkäferbefall, der es wertlos machen würde, noch retten zu können, wurde der Holzeinschlag stark erhöht. Nachdem all dieses Holz verarbeitet sein wird, wird der jährliche Holzeinschlag in diesem Gebiet schätzungsweise nur noch bei 38 Mio. m³ liegen – ein Rückgang von 24 %. Die Ausweisung kommerzieller Waldreservate soll neben anderen Maßnahmen dazu beitragen, dass der befürchtete Rückgang um 24 %, d. h. um 7 Mio. m³ Holz geringer ausfällt und nur noch bei 7 % (3,5 Mio. m³) liegt.
Abgesehen von der Borkenkäferepidemie ist die Schaffung kommerzieller Holzreservate ohne Zweifel ein Entgegenkommen der Provinzregierung für die krisengebeutelte Forstindustrie, die sich durch die Einführung der Regeln des Ecosystem-Based Management (EBM) zum 31.03.2009 mit einer Erhöhung der Holzeinschlagskosten konfrontiert sah und mit einer möglicherweise drohenden Reduzierung der für die Kahlschlagsforstwirtschaft zur Verfügung stehenden Waldflächen bzw. der erlaubten jährlichen Holzeinschlagsmenge (Allowable Annual Cut, AAC). In den Verordnungen zur Einführung der EBM-Regeln finden sich leider keinerlei Hinweise auf eine verbindliche und dauerhafte Reduzierung dieser jährlichen Holzeinschlagsmenge. Immerhin gab das Forstministerium am 15. Juli 2009 wenigstens für das Gebiet der Tree Farm-Lizenz (TFL) 45 (einem 230.997 Hektar großen Gebiet nördlich von Campbell River und dem Gebiet des Knight Inlet und Phillips Arm sowie West Thurlow Island) eine Reduzierung des AAC von 220.000 m³ auf 175.000 m³ bekannt. Lizenzinhaber dieses Gebiets im südlichen und mittleren Küstenabschnitt ist der Forstkonzern International Forest Products Ltd. „The new allowable annual cut reflects the implementation of ecosystem-based management … which reduces the amount of land available for timber harvesting“, heißt es in der Presseerklärung des Forstministeriums vom 15. Juli 2009. Obwohl seit der Einführung der EBM-Regeln zum 31.03.2009 bei der Kahlschlagspraxis in diesem Gebiet so gut wie nichts verändert wurde, stellte die stellvertretende oberste Forstbeamtin der Provinz (Deputy Chief Forester) Melanie Boyce schönfärberisch fest: „Ecosystem-based forest management is well under way on this TFL. Careful analysis using the availabe information has shown that a lower allowable annual cut will help ensure the sustainability of the TFL’s forest resources while also protecting other important forest values … Further monitoring of this new management system to determine its effects on the timber supply will be important for future allowable annual cut decisions.“ Hierin deutet sich bereits an, was viele Umweltschützer und Kritiker des EBM-Regelwerkes befürchtet haben, nämlich dass der jährliche Holzeinschlag nicht auf Dauer reduziert bleibt, sondern nach einem kurzen Rückgang angesichts einer sich erholenden Forstindustrie bald wieder auf alter Höhe fortgesetzt werden wird. „The current state of the EBM Order has created only a mask of Ecosystem-Based Management designed to cover logging-as-usual, with the ravaging of coastal forests to be shipped in today’s market conditions, as raw logs to the endless market demands of China“, bemerkte Wayne McCrory hierzu.
Bereits Ende Juli 2009 hatte der Holzexport aus BC nach China den Jahresrekord aller zurückliegenden Jahre überschritten und lag bei 860 Millionen board feet (etwa 2,029 Millionen m³). Die Mittel für eine aggressive Werbekampagne in China für Holz aus BC wurde 2009/10 auf über 5 Millionen CAD erhöht. Insgesamt geben die Regierungen von BC und Kanada sowie die Forstkonzerne 2009/10 13 Millionen CAD aus, um den Holzabsatz kanadischen Holzes in China anzukurbeln und den Umsatzeinbruch auf dem bisherigen Hauptmarkt, den USA, auszugleichen. In einer Presseerklärung vom 5. November 2009 verkündete der optimistische Forstminister Pat Bell: „… we’re on the track to ship over 1,3 Billion board feet [etwa 3,067 Mio. m³] of lumber to China before year’s end – the equivalent production of five to six interior sawmills.“
Speziell für die pazifischen Küstenurwälder dürfte dieser neue Holzboom nichts Gutes bedeuten. Die Forstkonzerne werden auf die Provinzregierung von BC Druck ausüben, möglichst viele und großflächige „commercial forest reserves“ auszuweisen und auch die für sie kostensteigernden ökologischen Aspekte der EBM-Regeln möglichst rasch wieder außer Kraft zu setzen.
 
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