bears and more • Klaus Pommerenke
 
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29. September 2010
Der Fish Lake in BC – per Gesetz zum Giftmülllager
für einen Bergbaukonzern erklärt?
 
Wieder einmal soll ein unberührter und fischreicher See in Kanada per Gesetz zu einem Giftmülllager bzw. zu einer Abfallgrube für hochtoxische Bergbauabfälle erklärt werden. Dies wäre bereits der fünfte See in Kanada, der mit ausdrücklicher Billigung der Regierung zerstört werden darf. Mindestens 15 weitere Seen Kanadas wurden bereits zur zukünftigen Nutzung als Giftmülllöcher vorgeschlagen.
Der Fish Lake (Teztan Biny) liegt in BC, etwa 125 km südwestlich von Williams Lake, im angestammten Territorium der Xeni Gwet’in First Nations, einer Gruppe der Tsilhqot’in First Nation. Letztere hatte einen Rechtsstreit gewonnen, in welchem ihre Rechte über dieses Gebiet und seine Nutzung anerkannt wurden. Der Fish Lake beheimatet 80.000 – 90.000 Forellen und ist für die First Nations nicht nur ein wichtiges Fischgewässer, sondern auch ein spirituell bedeutsamer Ort. Jetzt soll er für die geplante Gold- und Kupfermine (Prosperity Mine von Taseko Mines Ltd. mit Sitz in Vancouver) zu einem sogenannten „Abfalleinlagerungsgebiet“ für toxische Förderrückstände umdeklariert werden. Dank eines Schlupflochs im kanadischen Fischereigesetz ist dies seit 2002 von Amts wegen möglich. Die kanadische Regierung hilft hierdurch den Bergbaufirmen die Kosten für eine teure, aber umweltgerechte Beseitigung der oft extrem giftigen Förderrückstände zu sparen.
Der Fish Lake wird unter den Top-ten-Fischgewässern von BC aufgeführt. Schon 1995 hatte das kanadische Fischereiministerium (Department of Fisheries and Oceans, DFO) die Minenpläne von Taseko aus Umweltschutzgründen als nicht zustimmungsfähig erklärt, doch die Provinzregierung von BC ignorierte diese Einschätzung. Das Tsilhqot’in National Government und Mining Watch Canada gaben in einer Presseerklärung vom 24. September 2010 Brisantes bekannt: „New documents now show that the company and Province insisted on pressing ahead with the mine proposal despite being warned repeatedly – starting in 1995 – by the federal Department of Fisheries and Oceans that pursuing the idea would be a waste of everyone’s time, because neither the DFO nor the minister of environment could approve the loss of this rare and fish-rich lake … the department warned the company and Province that destroying the top class lake and fishery and not properly replacing that unique habitat was something that neither DFO nor the environment minister could ever permit, and advised them not to pursue it further.“ Dennoch vergab die Provinzregierung von BC eigenmächtig und ohne ausreichende Konsultation der First Nations im Juni 2010 einen 25 Jahre laufenden Bergbau-Pachtvertrag an Taseko. Ende 2008, just bevor die Umweltverträglichkeitsprüfung für das Minenprojekt von Taseko (Firmenslogan: „Building wealth through developing and operating major copper mines“) begann und vor den Wahlen in BC spendete Taseko Mines Ltd. 30.150 CAD an die regierende Liberale Partei von Premierminister Gordon Campbell. Richard Mundie, einer der Direktoren von Taseko Mines Ltd., spendete bereits zwischen 2005 und 2009 440.000 CAD an die Liberale Partei, als er noch Direktor bei Teck Comico gewesen ist. „This information comes a week after it was discovered that the BC government was previously so protective of the Teztan Biny (Fish Lake) area – listed as one of the top ten fishing lakes of the Province – that it refused to allow a relatively minor 35 acre lodge expansion yet was later persuaded to accept and advocate for Taseko’s massive, destructive open-pit mine project“, heißt es in der Presseerklärung vom 24. September 2010. „This money trail helps explain why a government that previously ruled even a small lodge expansion too environmentally unacceptable is now using public funds to champion a company that wants to create an open-pit mine with a 35 sq.km footprint that would kill our lake, streams, fish, wildlife, and our rights, culture and way of life“, sagte Ivor D. Meyers vom Tsilhqot’in National Government.
Im Juli 2010 stellte ein beauftragtes Expertenteam bei der vorgeschriebenen Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Canadian Environmental Assessment Act (CEAA) fest, dass das Bergbauprojekt von Taseko schwerwiegend negative Auswirkungen („significant adverse environmental effects“) auf die Umwelt zur Folge haben würde, einschließlich der Fischbestände, der Grizzlybärenpopulation und auch die Rechte der First Nations tangieren würde. Die First Nations, ihre Kultur und ihre Lebensweise hätten „high magnitude, longterm irreversible impacts“ zu erwarten. Jetzt liegt die Entscheidung über das zerstörerische Projekt beim kanadischen Premierminister Stephen Harper. Dieser lässt sich noch Zeit und der Druck auf ihn, das Projekt zu stoppen, wächst täglich. Man mag Kanada bisher noch als rechtsstaatliches und zivilisiertes Land betrachtet haben, aber eine Absegnung dieses Projektes und die legale Umdeklarierung erstklassiger Fischgewässer in Giftmülllager für Bergbaukonzerne würden den ohnehin schon international ramponierten Ruf völlig ruinieren.
Anfang September appellierten 12 kanadische Umweltschutzgruppen an Premierminister Harper, das Projekt zu stoppen. „We’re calling on a federal cabinet and Prime Minister Harper to respect the federal panel report which highlights the multiple adverse effects of this proposal, including impacts on First Nations rights and titles“, sagte Larry Innes, Executive Director der Canadian Boreal Initiatve. „It baggles my mind that we would even consider the destruction of a world-class fishing lake that is of great significance to an indigenous community, and is surrounded by cultural sites including First Nations burial grounds“, erklärte George Heymann vom Sierra Club BC. „When a panel issues an opinion that’s as strong as the one on Fish Lake – one that says there will be significant environmental impact, and it cannot be mitigated – nobody that I know of can recall a single time when the federal government has proceeded in the face of a finding like that. It would set the kind of precedent that would call the whole federal environmental process into question … we must close the legislative loopholes that allow destruction of Canada’s freshwater bodies for toxic tailings.“ Die betroffenen First Nations sind derweil zu allem entschlossen. „Fight against mine could be a bloody affair“, heißt der Titel eines Artikels von Wendy Stueck und Bill Curry in der Globe and Mail vom 2. September 2010. „Our people are willing and ready to defend our lands“, erklärte Chief Marilyn Baptiste von der Tsilhqot’in First Nation. „I am willing to sacrifice my life for the sake of saving our lands and our future generations. Through the panel hearings, there were several people who made the same statement.“
Auch von der Provinzregierung von BC, der es dank der großzügigen Spenden an die regierende Liberale Partei sehr leicht fiel, den Bergbau-Pachtvertrag von Taseko zu unterzeichnen, sind viele First Nations maßlos enttäuscht: „We have always found it unfathomable that all the opposition to this mine over the years, culminating in the damning findings of the CEAA panel has fallen on deaf ears with the BC government. Perhaps this shows that you have to pay big bucks to be heard“, sagte Chief Marilyn Baptiste.
Zum ersten Mal in der Geschichte von BC hatte es im August 2010 zwei Abkommen zwischen der Provinzregierung und First Nations gegeben, in denen auch die First Nations an Einkünften aus Bergbauaktivitäten beteiligt wurden. Der Bergbauminister von BC, Randy Hawes (Minister of State for Mining) verspricht wie so oft viel: „We have made it clear that we are prepared, if the mine were to go ahead, that there would be revenue-sharing agreements … Tens of millions of dollars would flow directly to the Tsilhqot’in Nation, but so far the answer is no.“ Anders als die Versprechungen der Provinzregierung an die First Nations hören sich die Feststellungen des kürzlich erschienenen Harvard Law School-Berichtes (Bearing the Burden: The Effects of Mining on First Nations in British Columbia) an: die Interessen der First Nations werden im Vergleich zu denen der Bergbauindustrie unzureichend berücksichtigt, die First Nations hätten „unfair burden at every point in the mining process, from the registration of claims to exploration, production and abandonment of closed sites“ zu tragen. Minister Hawes als Interessenvertreter der Bergbauindustrie bezeichnete diesen Bericht als „Quatsch“ (hogwash) und verunglimpfte gleichzeitig den traditionellen Lebensstil der First Nations: „First Nations reject mining for a more traditional lifestyle … traditional ways are linked to lower birth weights, higher birth rate deaths and lower life-spans. The way to improve these outcomes is to share in the wealth and jobs that come from mining.“ Die modernen Segnungen und viel größeren, nachhaltigen Geschenke der in BC und Kanada tätigen Bergbaukonzerne an die First Nations ließ Hawes unerwähnt: Seen als Giftmülllager, verschmutzte und verseuchte Flüsse, eine umgepflügte und erodierte Mondlandschaft ohne Vegetation und ohne Wild, durch Schwermetalle und Quecksilber vergiftetes Trinkwasser, deutlich erhöhte Krebsraten, z. B. in den Gemeinden des Athabasca River, flussabwärts von den Teersand-Abbaugebieten in BC’s Nachbarprovinz Alberta. Auch die bereits wieder sinkende Lebenserwartung der „weißen“ Kanadier aufgrund von Fettleibigkeit und Bewegungsarmut ließ Hawes außer Acht.
Man darf gespannt sein, ob Premierminister Stephen Harper das Prosperity Mine-Projekt von Taseko stoppen und den Fish Lake vor seinem Schicksal, ein Giftmüllsee zu werden, bewahren wird. Er müsste nur den zwingenden Empfehlungen seines Expertenteams gemäß dem Canadian Environmental Assessment Act folgen.
 
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