bears and more • Klaus Pommerenke
 
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18. Juni 2011
Die Schärfe der Auseinandersetzung um das
Northern Gateway Pipeline-Projekt der Enbridge Inc. nimmt zu
 
In seinem Artikel „Opposing big business is big business“ in der Vancouver Sun vom 31. Mai 2011 verunglimpfte Peter Foster die First Nations in BC und Alberta, die das Enbridge Northern Gateway Pipeline-Projekt, den Bau einer Doppelpipeline von den Teersande-Abbaugebieten in Alberta nach Kitimat im Herzen des Great Bear Rainforest bislang geschlossen ablehnen. Schlimmer noch, er stellt die Unabhängigkeit der vom Pipelinebau betroffenen First Nations in Frage, zweifelt offen an deren Sachverstand und deren Informationsstand. „Northern Gateway is being ostensibly opposed by native groups. The question is how far those groups are being manipulated – and paid – by the green movement. Two weeks ago, aboriginal protesters ululated and banged on their drums outside the Enbridge annual meeting. They have also appeared at bank meetings, including that a few weeks ago of the Royal Bank of Scotland in Edinburgh. They are a permanent fixture at UN climate meetings“, schrieb Foster. Ganz als Public Relation-Mann für Enbridge entlarvt sich Foster wenige Zeilen später, wo er den Informationsstand der protestierenden First Nations anzweifelt: „… the key word is ‚informed‘. And just how many informed natives do the protesters represent? One loud group, the Yinka Dene Alliance, has asserted its unyielding opposition to Northern Gateway, no matter how much training, and how many benefits and jobs, are provided to often desperately poor native communities. However, some observers suggest that the alliance represents only 150 people. According to Enbridge, some support the line [gemeint ist der Pipelinebau nach Kitimat], although the company is reluctant to identify them because it doesn’t want to stir potential conflict. This reflects the usual situation in which project proponents find themselves silenced while opponents are free to conspicuously drum their moral outrage.“
Viele halten die von Enbridge behauptete „geheime“ Unterstützung von zwei bis vier First Nation-Gruppen für den Pipelinebau als Märchen, als vorgeschobene Lügenbehauptung, um die geschlossene Ablehnungsfront vor allem der Coastal First Nations doch noch aufbrechen zu können. Wieso sonst werden die Namen dieser angeblichen Unterstützer immer noch nicht genannt? Die einzige Erklärung hierfür dürfte die sein, dass zwar zwei bis vier First Nations-Gruppen mit dem versprochenen Geld liebäugeln, sich aber immer noch nicht offiziell für den Pipelinebau aussprechen. Vermutlich ist die Behauptung von Enbridge, Unterstützer für den Pipelinebau gefunden zu haben, einer jener unlauteren PR-Tricks des Konzerns, um die geschlossene Ablehnungsfront aufzuweichen. Bislang haben alle vagen Angebote auf Gewinnbeteiligung, Jobaussichten und finanzielle Versprechungen nichts genutzt, um die First Nations zur Zustimmung zu bewegen.
Wie gut informiert die First Nations in ihrer ablehnenden Haltung zum Bau der Enbridge-Pipeline nach Kitimat sind und wie richtig sie liegen mit ihren Bedenken zeigt alleine die bisherige Pannenstatistik von Pipelinebetreibern für dieses Jahr. Immer wieder sind schlecht gewartete und marode Pipelines der kanadischen und amerikanischen Betreiber Ursache von Ölunfällen:
  • Am 22. April musste die Trans Mountain Pipeline, die von Alberta nach Vancouver führt, wegen eines Ölaustritts westlich von Edmonton abgeschaltet werden.
  • Am 29. April brach die Rainbow Pipeline (Plains All American Pipeline) im Norden von Alberta, nahe bei einer First Nations-Siedlung, es traten mindestens 28.000 Barrel Öl (4,45 Millionen Liter) aus. Diese ergossen sich in ein von Bibern bewohntes Sumpfgebiet. Bis Ende Juli muss die Pipeline abgeschaltet bleiben. „I wouldn’t be surprised, if clean up takes more than a year or two. There will be a lot of soil and vegetation that will be saturated with oil“, erklärte Chris Severson-Baker vom Pembina Institute.
  • Am 28./29. Mai musste die gleiche Pipeline weiter im Süden nochmals abgeschaltet werden wegen eines Ölaustritts in Kansas.
  • Bereits am 9. Mai wurde in der Norman Wells-Pipeline von Enbridge in den North West Territories ein Leck entdeckt, nahe bei Wrigley und dem Willowlake River. Enbridge meldete zuerst, es seien nur zwischen vier und 100 Barrel Öl ausgetreten (600 bis 15.900 Liter), später wurde dann zugegeben, es könnten bis zu 1.500 Barrel gewesen sein (238.600 Liter).
Geborstene Enbridge-Pipeline in Marshall, Michigan,
aus der am 26.07.2010 3,1 bis 3,3 Millionen Liter Schweröl austraten.
© National Transportation Board/Handout, Reuters
 
Die Opposition gegen das Northern Gateway Pipeline-Projekt von Enbridge wächst: Demonstrationen bei der Generalversammlung des Konzerns in Calgary, in Prince Rupert, in Masset auf Haida Gwaii, die Zeitungen von der Financial Post („First Nations stand Ground“, 11. Mai 2011), der Vancouver Sun („Renewed Opposition Conspires Against Oil Sands“, 5. Mai 2011), bis hin zur Globe and Mail („First Nations Dig In Against Enbridge Pipeline“, 14. Mai 2011; „Enbridge Still Short on Pipeline Support“, 9. Juni 2011) sind voller Schlagzeilen über den Protest gegen den Pipelinebau. „We won’t allow oil pipelines and tankers to devastate Great Bear Rainforest“, schrieb Caitlyn Vernon im Anschluss an die Demonstration in Prince Rupert (The Georgia Strait, 17. Mai 2011). Meinungsumfragen zeigen, dass sich 75 % der Befragten in BC zudem für ein Verbot des Öltankerverkehrs entlang der Küste aussprechen.
 
Ölverschmierte Ente nach der Exxon Valdez Ölpest
© Exxon Valdez Oil Spill Trustee Council
 
Jetzt kommen auch Widerstände gegen das Pipelineprojekt von Enbridge von anderer Seite: der Pipelinebetreiber Kinder Morgan, wohl der Hauptkonkurrent der Enbridge Inc., forderte das National Energy Board Kanadas dazu auf, eine Entscheidung über das Northern Gateway Pipeline-Projekt von Enbridge hinauszuzögern und zu überdenken. Die Ausweitung der Transportkapazität der Trans Mountain Pipeline des Kinder Morgan-Konzerns sei die bessere Alternative, um Öl von den Teersand-Abbaugebieten in Alberta an die Küste zu transportieren. Die Trans Mountain Pipeline von Kinder Morgan führt zum Westridge Terminal in Burnaby bei Vancouver. Enbridge plane die 1.177 km lange Pipeline nach Kitimat mit einer Kapazität von bis zu 525.000 Barrel pro Tag. Diese Pipeline werde frühestens 2016 in Betrieb gehen. Die bereits existierende Trans Mountain Pipeline schaffe schon jetzt 300.000 Barrel pro Tag. Die Kapazität könne zum Jahresende auf 380.000 Barrel pro Tag ausgeweitet werden, auch 450.000 Barrel seien möglich. Der Verkehr von Supertankern aus dem Hafen von Vancouver nach Asien würde dann dramatisch zunehmen. Die Verschiffung von Rohöl aus Kanada nach Asien hat 2010 bereits um 6,5 % zugenommen.
„Pipelines to Prosperity. Exporting to Asia will free Canadian oil producers from North American confines, generate billions, create jobs“, schrieb ein euphorischer Harvey Enchin am 16. Juni in der Vancouver Sun. Er sieht Pipelinebauten – am besten den Bau gleich beider Pipelines – als notwendig an, um Kanada auf den Weg zu einer globalen Energie-Supermacht zu bringen, Kanada zu einer Art neuem Saudi Arabien zu machen. Alles, was diesen Weg blockiere, sei kurzsichtig. Seine naiven und optimistischen Zahlenspiele beinhalten nur mögliche Steuereinnahmen für Kanada, nicht jedoch die Kosten zur Beseitigung einer mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwartenden Ölpest, sei es aus leckgeschlagenen Pipelines, sei es aus havarierten Öl-Supertankern entlang der Küste von BC. Die Geschichte des Enbridge-Konzerns ist eine Geschichte von schweren Ölunfällen und nachhaltiger Umweltverseuchung (vgl. die Chronik der Ölunfälle von Enbridge im Artikel vom 19. September 2010 auf dieser Website). Trotzdem erdreistete sich Ray Doering, Enbridge Manager of Engineering, erst kürzlich wieder zu sagen, dass eine Ölpest „is likely never going to occur“.
Als Antwort auf den „Pipelines to Prosperity“-Artikel von Harvey Enchin in der Vancouver Sun schrieben Chris Genovali und Misty MacDuffee von der Raincoast Conservation Foundation am 18. Juni ebenfalls in der Vancouver Sun (The cost of oil on B.C.’s priceless coast): „Enbridge officials assert they would not be financially liable for any oil spill at sea, while a June 2010 Vancouver Sun report revealed that owners of the tankers are liable for the costs of oil recovery, cleanup and compensation for environmental damage ― but only to the limit of their liability insurance. Economists have tried to predict the costs of an oil spill cleanup.
Globally, the cost to industry for spill cleanup averages $ 16,000 US per tonne, not including the costs to restore habitat or repair socio-economic damages to the communities impacted.
In 2003, the cost of cleaning up a 378,000-litre heavy fuel oil spill in San Francisco Bay was an estimated $ 93 million. Forty to sixty per cent of the estimated cost was attributed to restoring habitat and compensating for socio-economic losses. However, in 2007 when the Cosco Busan spilled a little over half that amount into the bay, the cost for the cleanup alone was $ 70 million. In other words, true costs dramatically exceeded the estimates.
Attaching a dollar value to the damage that spilled oil does to marine and terrestrial ecosystems is an extremely difficult task. The Exxon Valdez spill was the most expensive in history; the true costs were estimated to be $ 9.5 billion, of which only $ 2.5 billion were related to the cleanup. While Exxon-Mobil paid more than $ 1 billion, U.S. taxpayers ended up footing the bill for the rest.
But does any oil spill damage cost estimate even begin to cover the price of a pod of killer whales driven to extinction or the demise of a coastal fishing community’s way of life?“
 
Sterbender Eistaucher (links) und verendeter Seeotter (rechts) nach der Exxon Valdez Ölpest
© Exxon Valdez Oil Spill Trustee Council
 
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