bears and more • Klaus Pommerenke
 
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18. November 2011
Europäische Kommission schlägt Importverbot für
Öl aus den Teersand-Abbaugebieten in Alberta vor
 
Die EU-Kommission will den Import von Öl, welches aus den Teersand-Abbaugebieten in Alberta stammt, im Rahmen der Kraftstoffqualitätsrichtlinie verbieten. Die CO2-Bilanz für das Öl aus Teersanden sei katastrophal schlecht, denn das Öl muss unter extrem hohem Energieaufwand aus den Teersanden gelöst werden. Zudem führt diese Ölförderung in Alberta zu Umweltzerstörungen gigantischen Ausmaßes, vernichtet großflächig den borealen Nadelwald und Moore, es verseucht Flüsse, Seen und das Grundwasser. Allein aus dem Athabasca River werden von der Ölindustrie jährlich 450 Millionen m³ Wasser entnommen. Nach der Ölsynthese wird das Wasser in riesigen, meist undichten und ungesicherten Absatzbecken aufgestaut, ist jedoch durch giftige Chemikalien stark verseucht und richtet riesige Umweltschäden an.
Mit dem Verbot will die EU-Kommission das Ziel der Union, die Treibhausgas-Emissionen bis 2020 um 20 % zu senken, unterstützen. Benzin, das aus herkömmlichem Rohöl gewonnen wird, hat nach Berechnungen der EU-Kommission eine Treibhausgas-Bilanz von 87,5 Gramm pro Megajoule. Bei Benzin aus den Teersanden sind es jedoch 107 Gramm. Dabei werden Förderung, Aufbereitung, Transport und Verbrennung berücksichtigt. Zwar kommt aktuell kein Öl aus den Teersanden nach Europa, jedoch hat das Vorhaben der EU Signalcharakter auch für andere Länder wie z. B. die USA als stärksten Handelspartner Kanadas, kein Öl aus den Teersanden abzunehmen, wenn staatliche Klimaschutzziele eingehalten werden sollen.
Nachfolgend abgedruckt ist die Presseerklärung der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 15. November 2011 zu den Plänen der EU-Kommission:
 
„Importe von Erdölprodukten aus Teersanden stoppen
Die Europäische Kommission plant ein de-facto Importverbot für Erdölprodukte aus Teersanden zu verhängen. Konkret soll dies durch die Umsetzung von Artikel 7a der Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Europäischen Rates zur Qualität von Kraftstoffen (2009/30/EG) geschehen. Artikel 7a der sogenannten Kraftstoffqualitätsrichtlinie verpflichtet die Kraftstoffanbieter in der EU dazu, die Lebenszyklustreibhausgasemissionen der von ihnen gelieferten Kraftstoffe zwischen 2010 und 2020 um 6 % zu senken. Auf diese Weise soll der Treibstoffsektor seinen Beitrag dazu leisten, das Ziel der Europäischen Union zu erfüllen, die Treibhausgasemissionen bis 2020 um 20 Prozent zu senken.
Die Europäische Kommission hat den nationalen Regierungen am 4. Oktober 2011 einen Vorschlag für die Berechnung der Lebenszyklustreibhausgasemissionen fossiler Treibstoffe vorgelegt. Dieser Vorschlag sieht u. a. vor, die Berechnung der Treibhausgasemissionen von Kraftstoffen auf der Basis des zugrunde liegenden Rohstoffs (‚Feedstock‘) vorzunehmen. Nach dem Vorschlag der Kommission würde dabei Benzin aus konventionell gewonnenem Öl mit einer Treibhausgasbilanz von 87,5 Gramm CO2-Equivalenten (CO2eq) [pro Megajoule (gCO2eq/MJ)] in die Bilanzen der Kraftstoffanbieter einfließen, während zum Beispiel Benzin aus Ölschiefer mit einer Treibhausgasintensität von 131,3 gCO2eq/MJ bewertet würde. Benzin aus Teersanden wiese eine Treibhausgasbilanz von 107 gCO2eq/MJ auf. Der Vorschlag berücksichtigt alle gängigen konventionellen und unkonventionellen Ausgangsstoffe, unabhängig davon, ob die entsprechenden Kraftstoffe in der EU vertrieben werden. Dieser Vorschlag der Europäischen Kommission ist jedoch umstritten und droht von einigen auf Geheiß der Erdöllobby agierenden Regierungen blockiert zu werden.
Bei der Gewinnung von Kraftstoffen aus Teersanden wird unter einem extrem hohen Energieaufwand Bitumen („Erdpech“) aus einem Sandgemisch gewaschen. Dieser aufwändige Prozess führt dazu, dass die Treibhausgasbilanz von Kraftstoffen aus Teersanden schlechter ausfällt, als bei konventionell gewonnenem Rohöl. Neben der schlechten Treibhausgasbilanz geht die Förderung von Teersanden auch mit einer erheblichen Wasser-, Boden- und Luftverschmutzung sowie einer massiven Zerstörung von Wäldern und Mooren einher. Die größten Weltreserven von Teersanden befinden sich in Kanada. In der Provinz Alberta sind für die Gewinnung von Teersanden nach Angaben von Umweltverbänden bereits 80.000 km² Waldfläche vernichtet worden, was der Größe Schottlands entspricht. Auch in anderen Regionen der Welt, zum Beispiel in Venezuela, Madagaskar, der Republik Kongo und Russland gibt es Teersandprojekte bzw. Pläne, Erdöl aus Teersanden zu fördern.
Tritt der Vorschlag der Kommission in Kraft, ginge davon ein Signal in alle Welt aus, und genau dies befürchtet vor allem die kanadische Erdöllobby: Zum ersten Mal müssten Kraftstoffanbieter nicht mehr nur darauf schauen, wo sie ihr schmutziges Erdöl am billigsten herbekommen können, sondern sie müssen auch darauf schauen, wo es einigermaßen umweltschonend gewonnen wurde. Auch in den USA steht die Erdölgewinnung bereits erheblich in der Kritik. Gegen den Bau der Pipeline Keystone XL von Alberta bis zur texanischen Küste am Golf von Mexiko finden bereits Massenproteste statt. Eine Entscheidung von Präsident Obama, ob die Pipeline gebaut wird oder nicht, steht noch aus. Die Umweltforschung in den USA spricht bereits vom „Todesstoß für das Weltklima“ sollte diese Pipeline gebaut werden, da dies die Anstrengungen zur Ölproduktion in Alberta noch verstärken würde.
Deutschland sollte als selbsternannter Vorreiter beim Klimaschutz ein Zeichen setzen und das de facto Importverbot für die EU unterstützen. Wie aus Brüssel jedoch zu hören ist, steht die schwarz-gelbe Bundesregierung, vor allem in Person von Wirtschaftsminister Philipp Rösler, stattdessen auf der Bremse und versucht die Initiative der Europäischen Kommission aufzuhalten. Wir fordern die Bundesregierung auf, keine Politik am Gängelband der Erdöllobby zu betreiben! Der Abbau von Teersanden muss gestoppt werden, denn Teersande sind extrem klimaschädlich und ihr Abbau vernichtet den Lebensraum indigener Völker in Kanada sowie eine der letzten nahezu unberührten Naturlandschaften mit einer unbeschreiblichen Artenvielfalt.“
 
© Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen
Quelle: www.gruene-bundestag.de • info@gruene-bundestag.de
 
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