bears and more • Klaus Pommerenke
 
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13. Juni 2012
Öl macht blind. Die Harper-Regierung verkennt
die Risiken einer Ölpest entlang der Pazifikküste
 
Stephen Harper und seine konservative Regierung wollen Kanada zur weltweit führenden Öl-Supermacht machen. Die Gier nach Macht und Milliarden Dollar aus den Ölgeschäften lassen sie blind werden für die Risiken einer Ölkatastrophe. Im Fokus ihres politischen Handelns stehen die Interessen der Ölindustrie. Die potenziellen Umweltgefahren, die von neuen Pipelineprojekten und einem zunehmenden Verkehr mit Öl-Supertankern entlang der Pazifikküste ausgehen, werden verharmlost. Dies stößt nicht nur in BC, sondern auch in Alaska und dem US-Bundesstaat Washington zunehmend auf Unverständnis. An vielen Hebeln setzt die kanadische Regierung gleichzeitig an, um alle Widerstände auf ihrem Weg zur beherrschenden Ölmacht zu brechen. Unweigerlich dürfte die Wahrscheinlichkeit einer Ölkatastrophe durch die Pläne der kanadischen Regierung wachsen.
„Ist Kanada vorbereitet auf ein Öl-Disaster?“ lautete die Überschrift eines Artikels von Judith Lavoie im Times Colonist vom 6. Mai 2012. Gemäß des kanadischen Prüfberichts zur Situation der kanadischen Küstenwache vom Mai 2010 heißt die Antwort ganz klar nein. Da eine Ölpest im Meer nicht vor Landesgrenzen halt macht, könnte auch der US-Bundesstaat Washington betroffen sein. „It seems that Canada’s oil spill response plan in the Pacific North West is to call the Americans“, sagte Senatorin Maria Cantwell aus Washington. In den USA machen sich – wohl auch auf dem Hintergrund der Ölkatastrophe im Golf von Mexiko und der 23 Jahre zurückliegenden Ölpest im Golf von Alaska – immer mehr Sorgen über die Gedankenlosigkeit der kanadischen Regierung. „Canada’s oilsand bonanza could mean disaster for Alaska’s coastline“, hieß es in der Seattle Times vom 18. Mai. Michael Byers, Professor an der University of British Columbia, beschrieb in diesem Artikel seine Einschätzung des Ölbooms und der Risiken des geplanten Öltankerverkehrs von BC nach Asien. „Exxon Valdez-like disaster in Arctic field. Expert says sending fuel to China via pipeline terminals almost guarantees a major disaster“, ist der Artikel von Randy Boswell vom 19. Mai in der Vancouver Sun zum gleichen Thema überschrieben. Byers weist darauf hin, dass der direkte Weg nach China, den die Öltanker nehmen würden, durch den meist sehr stürmischen Unimak Pass der Aleuten führen würde, eine Schlüsselstelle des Schiffsverkehrs zwischen Asien und Nordamerika. „The U.S. environmental movement and Alaskan fishing industry can be expected to fight tooth-and-nail to stop daily oil tankers shipments through Unimak Pass … The memory of the Exxon Valdez spill is a huge factor. For Americans, a massive oil spill in Alaskan waters is not a hypothetical; they’ve seen it happen already and therefore know how easy it could happen again.“
 
Dieser Öltanker ist noch winzig im Vergleich zu denen, die den engen Douglas Channel befahren würden, um das Öl von Kitimat abzutransportieren
© Living Oceans Society
 
Die Premierministerin von BC, Christy Clark, nimmt bei der Diskussion um die Pipelineprojekte und den Öltankerverkehr eine passive Haltung ein und bezieht eine abwartende Position. Sie erklärte, dass die Küste British Columbias nicht alleine den dortigen Bewohnern gehöre, sondern ganz Kanada. Kritische Analysten wie Robyn Allen warfen ihr deshalb bereits in einem offenen Brief vor, die Souveränität von BC kompromittiert zu haben. Im Environmental Assessment Equivalency Agreement vom 21. Juni 2010 wurde festgelegt, dass das BC Environmental Assessment Office (EAO) die Entscheidung des National Energy Board (NEB) unter anderem zum Enbridge Northern Gateway Pipeline-Projekt akzeptieren wird. Da das NEB zwischenzeitlich einseitig die Interessen der Ölindustrie und der Harper-Regierung zu vertreten scheint, müsse BC von der Ausstiegs- bzw. Kündigungsklausel dieses Abkommens Gebrauch machen. „This action will ensure that the public interest of the people of BC will be protected and will not be severely curtailed by the actions of the Government of Canada favouring primarily Alberta’s oil producers“, heißt es in dem offenen Brief von Robyn Allen an Premierministerin Clark.
Unbeeindruckt von aller Kritik verteidigt die kanadische Regierung die Interessen der Ölindustrie. Gleichzeitig werden auch Notfall-Einsatzzentren geschlossen, Gesetze zugunsten der Ölindustrie geändert und kritische Wissenschaftler im Staatsdienst entlassen.
Jetzt will die kanadische Regierung das Notfall-Einsatzzentrum zur Ölbekämpfung in Vancouver aus Kostengründen schließen. Statt unmittelbar vor Ort eine Einsatzzentrale zur raschen Koordination von Hilfsmaßnahmen bei einer Ölpest an der Pazifikküste zu haben, wird die Kommandozentrale ins weit entfernte Ottawa verlagert. Gleichzeitig kündigte der Pipeline-Betreiber Kinder Morgan an, die Kapazität der Trans Mountain-Pipeline von Edmonton nach Burnaby bei Vancouver stark erhöhen zu wollen. Dies würde die Zahl der Öltanker, die jedes Jahr Vancouver anlaufen, von 70 auf etwa 360 erhöhen. Mit steigendem Tankerverkehr dürfte auch das Risiko eines Tankerunfalls anwachsen. „Any reasonable person understands that it makes no sense to even consider major pipelines and oil tankers while closing the Pacific coast’s regional oil spill response centre“, sagte Rob Fleming von der NDP. „Can the minister tell British Columbians how he is standing up for the interests to strengthen, not weaken, the capacity for oil-spill response in our province?“
Angesichts solcher Pläne und politischer Fehlentscheidungen hat sich der Bürgermeister von Vancouver, Gregor Robertson, klar gegen jede Erhöhung von Pipelinekapazitäten und einer Zunahme des Öltankerverkehrs ausgesprochen (Pipeline risks are too high for Vancouver. Gregor Robertson, The Vancouver Sun, 24. April 2012): „A single accident with one oil tanker could cause irreversible devastation – to our ecosystem, to our economy and to our international reputation … As Vancouver’s mayor, how could I ever support allowing a single, polluting industry – especially one with nearly no jobs in the city – to put Vancouver’s thriving economy and global reputation at such serious risk? I can’t imagine doing that – creating enormous risk to tens of thousands local jobs in tourism, hospitality, development and clean technology, and undermining our success in the world’s fastest-growing industries in the green economy … This is all happening against the backdrop of an abrupt weakening of the federal environmental review process. Which means Kinder Morgan’s proposal will face far less scrutiny, and our communities will have much less time to give it the hard-looking over it deserves.“
Umweltverträglichkeitsprüfungen für Projekte der Öl- und Gasindustrie oder für Bergbauprojekte will Harper drastisch abkürzen und die Anhörungsrechte Betroffener stark einschränken, um solche Projekte innerhalb kurzer Zeit durchpeitschen zu können. Das kanadische Fischereigesetz soll ebenfalls ausgehöhlt werden, damit Industrieprojekte schnell und widerstandslos realisiert werden können, ohne auf den Schutz von Fischgewässern und kritischer Lebensräume von Meeressäugetieren Rücksicht nehmen zu müssen. „It’s much more than a minor definitional change“, sagte Scott Parsons, der bis 2002 35 Jahre lang selbst für den Schutz der Fischgewässer für die kanadische Regierung zuständig war. „Basically, they’re gutting the Fisheries Act. They’re gutting the most powerful piece of environmental legislation in Canada. In my opinion, it’s a regressive move, a move back to the Stone Age of fish habitat management.“
Gleichzeitig stellt das kanadische Fischereiministerium aus Kostengründen sein Programm zur Untersuchung der Meeresverschmutzung ein. Im April 2013 wird unter anderem auch das neunköpfige Forschungsteam von Peter Ross in Victoria arbeitslos werden. Peter Ross hat über 100 Publikationen veröffentlicht und auch dokumentiert, dass die Orcas entlang der Pazifikküste Kanadas die am stärksten kontaminierten Meeressäugetiere weltweit sind. Solche wissenschaftlichen Erkenntnisse sind der kanadischen Regierung bei ihrem Vorhaben, Ölpipelines und Öltankerverkehr zu fördern, natürlich äußerst hinderlich. Was fällt leichter, als Wissenschaftler, die solche Ergebnisse publizieren, zu entlassen und wissenschaftliche Erkenntnisse, welche sich bei der Expansion der Ölindustrie als hinderlich erweisen könnten, zu unterbinden. Die notwendige Reduktion des Staatsdefizits in Kanada geht klar zu Lasten des Umweltschutzes. Überproportional groß sind die Einsparungen genau in diesem Bereich. „But to take out an entire group, that’s not prudent fiscal management, that’s driven by ideology that doesn’t want to know what toxic chemicals are doing in the oceans and freshwater“, erklärte Elizabeth May von der Grünen Partei.
Am stärksten betroffen von einer Ölkatastrophe wären die First Nations entlang der Küste von BC. Die Studie der Coastal First Nations „A Review of Potential Impacts to Coastal First Nations from an Oil Tanker Spill Associated with the Northern Gateway Project“, welche in Zusammenarbeit mit der Simon Fraser University’s School of Resource and Environmental Management erstellt wurde, kommt zu folgendem Schluss:
„The Enbridge Gateway project imposes an unnecessary and high risk to Coastal First Nations and other British Columbians. Despite the safety measures proposed by Enbridge, there is a high likelihood of a major oil spill and the impact of a spill would be devastating to the environment and the economy. There is also no comprehensive compensation plan to cover the cost of damages. Coastal First Nations and other British Columbians harmed by a spill will have to resort to lengthy court actions that even if successful will not fully compensate for damages. The alleged benefits of the Enbridge Gateway project are overstated and in many cases fictitious. There are alternative projects to transport Alberta oil that will generate the same economic benefit without the risk of tanker traffic and oil spills along BC’s coast. Enbridge expects Coastal First Nations and British Columbians to take all the risks of the project while almost all the benefits accrue the oil and gas industry and Alberta. The conclusion is clear. The risks of the Enbridge project far outweigh the benefits and the future of Coastal First Nations health and livelihood will be under severe threat if the Enbridge project is ever built.“
 
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