bears and more • Klaus Pommerenke
 
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12. September 2014
Der Ukraine-Krieg macht Öl aus den Teersanden Albertas
als Ersatz für russisches Öl für die EU interessant
 
Deutschland bezieht gegenwärtig etwa 36 % seiner Öleinfuhren und 35 % seiner Gaseinfuhren aus Russland. 2013 flossen 15,58 Millionen Tonnen Öl durch die Druschba-Pipeline von Russland über die Ukraine nach Europa. Ersatz für das russische Öl gäbe es auf den Weltmarkt genug. Die Frage ist, ob das schmutzigste Erdgas der Welt, welches aus den Teersanden Albertas gewonnen wird, so preisgünstig nach Europa gebracht werden kann, dass es das russische Öl womöglich ersetzen wird. Der kanadische Premierminister Stephen Harper könnte der Krisengewinner des Ukrainekrieges sein. Er wirbt seit langem in der EU für das dreckige kanadische Öl, doch noch ist offen, ob sich Europa durch die Zulassung des Imports dieses Öls mit schuldig machen wird an einem der schlimmsten Umweltverbrechen weltweit – dem Teersande-Abbau in Alberta. Niemand weiß aktuell, ob Russland den Ölhahn wegen der verhängten Sanktionen westlicher Staaten tatsächlich zudrehen wird. Schließlich ist der russische Staatshaushalt zu ca. 50 % von den Öleinnahmen abhängig. 2012 hat Russland immerhin 290 Milliarden US$ durch Ölexporte eingenommen, aus Gasexporten waren es etwa 68 Milliarden US$.
Der Ersatz der etwa 90 Milliarden cbm Erdgas, welche Deutschland aus Russland bezieht, ist hingegen schwierig. „Wie abhängig ist Deutschland von Russlands Öl und Gas?“ lautete der Artikel von Dagmar Dehmer im Berliner Tagesspiegel am 28.3.2014, in dem sie viele Zahlen recherchierte. Nach Angaben des Brüsseler Bruegel-Instituts könnte Norwegen, welches bereits 23 % des EU-Gasbedarfs deckt, 20 Milliarden cbm Erdgas mehr liefern. Die Flüssigerdgas-Importe (LNG, Liquefied Natural Gas) könnten technisch auf 60 Milliarden cbm verdoppelt werden, allerdings wäre das Flüssigerdgas aus Norwegen fast doppelt so teuer wie russisches Erdgas. Bei voller Ausnützung der Erdgas-Kapazitäten in Italien, welches Erdgas aus Algerien bezieht, ergäben sich zusätzlich 5 Milliarden cbm. Die Niederlande könnten technisch 20 Milliarden cbm mehr Gas fördern, die „unkonventionelle“ Förderung mittels Fracking hat jedoch zu Rissen in Häusern in den Fördergebieten geführt und zu kleineren Erdbeben. Diese Erdgasgewinnung ist aus Umweltschutzgründen ebenso bedenklich wie das Erdgas-Fracking in Alberta oder im Nordosten von BC.
Das Potenzial des Energiesparens sieht das Bruegel-Institut als gewaltig an: Eine um 1,5 Grad kühlere Raumtemperatur würde der EU 20 Milliarden cbm Gasimporte sparen. Von den 60 bis 80 Milliarden cbm Gas, die verstromt werden, sei die Hälfte ersetzbar. Die US-Regierung stellt der EU die Lieferung von Flüssigerdgas aus Fracking-Operationen in Aussicht, macht dies jedoch offensichtlich vom Abschluss des ebenso skandalösen wie undemokratischen Freihandelsabkommens TTIP zwischen den USA und der EU abhängig. Auch dieses extrem umweltschädlich geförderte Gas wäre teurer als russisches Erdgas, es könnte frühestens 2015 oder 2016 geliefert werden.
Der US-Ökonom Daniel Yergin bietet für Deutschland einen ökologisch höchst bedenklichen Schein-Ausweg an, falls russisches Erdgas ausbleiben sollte: Fracking in Deutschland. Er schätzt, dass ab dem Jahr 2030 mehr als 20 Milliarden cbm Schiefergas pro Jahr in Deutschland gefördert werden könnten, wobei ein Produktionsmaximum von 25 Milliarden cbm pro Jahr zur Mitte der Dekade erreicht werden könnte. Die deutschen Vorkommen würden ausreichen, um im Prognosezeitraum mehr als 35 % des deutschen Gasbedarfs zu decken. Bei der Lobpreisung des Fracking von Schiefergas in Deutschland sollen angeblich eine Million Arbeitsplätze geschaffen werden und ein um 138 Milliarden Euro höheres Bruttoinlandsprodukt sowie ein um 847 Euro höheres durchschnittliches Pro-Kopf-Jahreseinkommen bis zum Jahr 2040 seien zu erwarten. Umweltgefahren, die mit Fracking verbunden sind, sieht Yergin als glühender Verfechter dieser Technologie nicht. Ihm geht es um die Exportmöglichkeiten der US-Firmen, die weltweit an Fracking-Unternehmen Maschinen und Technik liefern, vielleicht schon bald auch in Deutschland.
Es führt kein Weg am raschen Ausbau der erneuerbaren Energien vorbei, wenn Deutschland sich aus der Abhängigkeit von russischem Gas befreien möchte und sich zugleich nicht mit schuldig machen möchte an den verheerenden Umweltzerstörungen durch Teersande-Abbau und Fracking in Kanada. Die Bundesregierung scheint es aktuell jedoch zu bevorzugen, den Ausbau der erneuerbaren Energien abzuwürgen und das fossile Zeitalter mit dem bevorzugten Verbrennen von Kohle, Öl und Gas weiter fortzusetzen, wohl wissend, dass die zukünftigen Kosten dieses fossilen Irrsinns um viele Milliarden teurer sein werden als ein rechtzeitiges Fördern erneuerbarer Energien.
 
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