bears and more • Klaus Pommerenke
 
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25. Oktober 2014
CETA und Vorschlag der EU-Kommission zur Veränderung der
Kraftstoffqualitätsrichtlinie öffnen die Tür für den Import
von Öl aus den Teersanden Albertas nach Europa
 
Das CETA-Freihandelsabkommen (Comprehensive Economic and Trade Agreement) zwischen Kanada und der EU wurde am 26. September 2014 auf dem EU-Kanada-Gipfel in Ottawa unterzeichnet. Vorausgegangen waren fünfjährige Geheimverhandlungen. Das Abkommen bedarf noch der Legitimation durch das Europäische Parlament, den Europäischen Rat, durch das Kanadische Parlament und alle kanadischen Provinzen sowie vermutlich auch aller 28 EU-Länder. Die EU-Kommission behauptet zwar, die einzelnen EU-Länder müssten CETA nicht zustimmen, ein Rechtsgutachten des deutschen Wirtschaftsministeriums sieht jedoch eine klare Kompetenzüberschreitung der EU-Kommission, da CETA u. a. wegen der Regeln zum Investitionsschutz ganz klar eine mitgliedsstaatliche Beteiligung am Abkommen notwendig macht. Einen Alleingang Brüssels will Wirtschaftsminister Gabriel angeblich sogar mit Partnern im EU-Ministerrat stoppen oder den Zustimmungsstreit vor dem Europäischen Gerichtshof klären lassen, sofern Bundeskanzlerin Merkel ihn nicht daran hindert.
Überall in Europa wurde am 11.10. gegen CETA und TTIP demonstriert, über eine halbe Million Menschen haben gegen die Ratifizierung von CETA unterschrieben und ihre Stimme erhoben gegen eine Aufweichung von bestehenden europäischen Umwelt- und Verbraucherschutzstandards in der Landwirtschaft, gegen Gentechnik in Nahrungsmitteln, gegen den Import extrem klimaschädlichen Öls aus den Teersanden Albertas. Trotzdem ist die EU-Kommission eingeknickt und hat dem Druck Kanadas nachgegeben: Jetzt kann Öl aus den Teersanden Albertas problemlos in die EU importiert werden. „EU mindert Risikoeinstufung für Teersandeabbau. Die EU-Kommission will aus Teersande gewonnenes Öl mit anderen Brennstoffen gleichsetzen – obwohl die Klimabilanz schlechter ist. Sie vollzieht damit eine Kehrtwende“, hieß der Titel eines Artikels in Zeit Online am 7. Oktober 2014. Die Kraftstoffqualitätsrichtlinie von 2009, welche die „Lebenszyklustreibhausgasemissionen“ von Kraftstoffen bis zum Jahr 2020 um 6 % verringern soll und nach bisherigen Plänen den Import des Öls aus den Teersanden Albertas faktisch blockiert hatte, wurde unter dem Druck der kanadischen Öllobby und von Premierminister Harper aufgeweicht und so verändert, dass dieses extrem energieaufwändig geförderte Öl mit deutlich höherer klimaschädlicher Wirkung als bei konventionell gefördertem Öl jetzt problemlos in die EU gebracht werden kann.
Der am 7. Oktober vorgelegte Vorschlag der EU-Kommission (Durchführungsbestimmung zur Richtlinie) bleibt weit hinter dem ursprünglichen Gesetzeswerk zurück, um eine Handelsschranke für dieses Teersandeöl aus Kanada zu vermeiden. Der jetzige Vorschlag bedeutet, dass es „keine Differenzierung der Treibhausgasintensität von Kraftstoffen auf der Grundlage der Rohstoffquelle“ geben soll und dass „Einführer von außerhalb der EU raffinierten Otto- und Dieselkraftstoffen nicht verpflichtet sind, Einzelheiten zu den Quellen der Rohöle, aus denen diese Kraftstoffe gewonnen wurden, zu übermitteln“ (Europäische Kommission, 6.10.2014, Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Festlegung von Berechnungsverfahren … über die Qualität von Otto- und Dieselkraftstoffen). Dies bedeutet, dass die Ölfirmen keinerlei Angaben mehr darüber machen müssen, woher ihr Öl stammt. Entscheidend ist jetzt nur noch, dass ein Standardwert für einen bestimmten Kraftstoff, z. B. Benzin oder Diesel – der auf den während des gesamten Lebenszyklus ausgestoßenen Emissionen basiert (von der Förderung über die Produktion bis zum Transport) – nicht überschritten wird. Berichtet werden muss von den Ölfirmen lediglich die komplette CO2-Intensität ihres angebotenen Kraftstoffs. Der Mix des Kraftstoffs, d. h. wie viel Öl aus den Teersanden Albertas oder wie viel Biosprit enthalten sind oder Angaben über die Herkunft des Öls gelten nach den EU-Plänen als „vertraulich“, d. h. die Ölkonzerne dürfen diese Angaben geheim halten.
In ihrem Artikel vom 7. Oktober 2014 schrieben Eva Mahnke und Nick Reimer beim „Klimaretter – Das Magazin zur Klima- und Energiewende“:
„Freie Fahrt für kanadische Teersandöl-Importe
Das soll jetzt vom Tisch: Die EU-Kommission veröffentlichte heute eine Durchführungsbestimmung zu der Richtlinie, die tatsächlich hinter dem Anliegen des EU-Gesetzeswerks zurückbleibt. Die Importeure von Diesel, Benzin oder eben Öl müssen demnach keine Angaben zur Herkunft der eingeführten Ware machen. Diese Information gilt ab sofort als ‚vertraulich‘. Faktisch bedeutet das, dass Teersandöl auf dem europäischen Markt keinen Nachteil mehr gegenüber konventionellem Öl hat. Damit konterkariert die EU ihre eigene Klimapolitik im Verkehrssektor. Die Mineralölkonzerne werden die Treibhausgas-Intensität ihrer Produkte nun hauptsächlich durch das Beimischen von Agrosprit senken. Dessen Klimabilanz ist aber umstritten. Außerdem misst die EU-Kommission bei der neuen Regelung mit zweierlei Maß: Agrosprithersteller müssen über ein aufwändiges Verfahren nachweisen, wie viel Treibhausgas ihr Produkt – inklusive Herstellung – freisetzt. Fossile Sprithersteller werden davon befreit. Das Druckmittel auf die EU zur Aufweichung ihrer klimapolitischen Ambitionen im Verkehrssektor war just das CETA-Abkommen. Nach Informationen der Umweltstiftung WWF sollen die Kanadier immer wieder mit dem Abbruch der Verhandlungen gedroht haben, sollte die EU sich gegen die Interessen der kanadischen Öllobby entscheiden. Nun müssen das EU-Parlament und die Mitgliedsstaaten sich mit dem Umsetzungsvorschlag der Kommission befassen. Der Protest gegen die Freihandelsabkommen hatte sich immer gegen das Absenken von Umwelt- und Sozialstandards gewehrt – was nun eingetreten ist. ‚Jetzt zeigt sich, dass wir der Kommission eben nicht trauen können, wenn sie versichert, keine Standards in den Freihandelsverhandlungen preiszugeben‘, sagt Maja Volland, die für den Umweltverband BUND Mitglied im Steuerungskreis der Europäischen Bürgerinitiative ist. Ihr Kollege Ernst-Christoph Stolper sagt: ‚Wir wollen europaweit mindestens eine Million Unterschriften sammeln. Das wäre ein klares Signal an die neue Kommission, eine radikale Kursänderung vollziehen zu müssen.‘“
Die für die Klimapolitik zuständige EU-Kommissarin Connie Hedegaard versuchte, in der Presseerklärung der Europäischen Kommission vom 7. Oktober (Klimapolitik: Verringerung des CO2-Gehalts von Kraftstoffen) trotz des Kniefalls vor kanadischen Ölinteressen und des völligen Einknickens unter der geballten Lobbyarbeit der Ölkonzerne trotzdem die skandalöse Aufweichung der ursprünglich geplanten Regelung schön zu reden: „Ich freue mich, dass die Kommission endlich diesen Vorschlag zur Verringerung der Klimaauswirkungen unserer Kraftstoffe vorlegen kann. Es ist kein Geheimnis, dass unser ursprünglicher Vorschlag sich aufgrund des Widerstands einiger Mitgliedstaaten nicht durchsetzen konnte. Dennoch unternimmt die Kommission heute einen erneuten Versuch, um sicherzustellen, dass es künftig eine Methodik und damit auch Anreize gibt, sich für weniger umweltbelastende Kraftstoffe und gegen stärker verschmutzende Quellen wie Ölsand zu entscheiden. Ich ersuche die Mitgliedstaaten daher mit Nachdruck darum, diesen Vorschlag anzunehmen und die Vorkehrungen zur Förderung stärker umweltschonender Kraftstoffe im europäischen Verkehr beizubehalten.“
In welcher Art und Weise sich die EU-Kommission mitschuldig macht an einer der schlimmsten Umweltzerstörungen weltweit, zeigen die Bilder von Todd Korol/Reuters aus den Teersande-.Abbaugebieten in Alberta, die unter dem Titel „Weggefrästes Kanada“ in Zeit Online veröffentlicht wurden. Sie finden diese Bilder unter folgendem Link: www.zeit.de/wirtschaft/2014-09/erdoel-tagebau-alberta-kanada-oelsand-fs
 
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