bears and more • Klaus Pommerenke
 
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27. Novermber 2015
Provinzregierung von Alberta legt Klimaschutzplan vor und nennt erstmals Emissions-Obergrenze für die Teersande-Industrie
Im Mai 2015 wurde in Alberta die Progressive Conservative Party (PC) nach 44 Jahren als regierende Partei abgewählt, die New Democratic Party (NDP) mit Premierministerin Rachel Notley übernahm die Regierungsgeschäfte und Notley kündigte jetzt im Vorfeld der UN-Klimakonferenz in Paris (30.11.-11.12.) gravierende Veränderungen für die Provinz Alberta an. Kernpunkte der Regierungserklärung vom 22.11.2015 (Climate Leadership Plan will protect Albertans‘ health, environment and economy, Alberta Government) sind:
  • Eine jährliche 100-Megatonnen Emissionsgrenze des CO2-Ausstoßes aus der Teersande-Förderung Albertas. Der Teersande-Industrie wird ein „Emissionsdeckel“ verpasst.
  • Die Stromgewinnung aus Kohle soll bis 2030 beendet werden, das Ende der Kohleverstromung wird angekündigt. Die Kohle soll zu 2/3 ersetzt werden durch erneuerbare Energien, v.a. durch Windkraft.
  • Ab 2017 wird eine CO2-Steuer von 20 CAD pro Tonne emittiertem CO2 erhoben, 2018 steigt die Steuer auf 30 CAD pro Tonne.
  • Die Stromproduktion Albertas soll bis 2030 zu 30% mit erneuerbaren Energien erfolgen.
  • Die Methangas-Emissionen sollen bis 2025 um 45% reduziert werden, gemessen an den Emissionen des Jahres 2014.
Insgesamt stellt der vorgelegte Klimaschutzplan Albertas erstmals eine deutliche Abkehr von der bisherigen, völlig einseitig auf Expansion der fossilen Rohstoff-Förderung orientierten Politik dar, doch ist der Emissionsdeckel für die Teersande-Industrie viel zu hoch angesetzt und bietet noch jahrelange Emissionssteigerungen. Derzeit emittiert die Teersande-Industrie „nur“ 70 Millionen CO2 pro Jahr, die Emissionen können also noch sehr kräftig gesteigert werden. Schlupflöcher und Zugeständnisse (für Emissionen durch die Weiterverarbeitung des Teersande-Öls und für erdgasbetriebene Stromversorgung der Teersande-Aufbereitung) erlauben der Industrie noch weitere 10 Millionen Tonnen CO2-Emissionen jährlich.
Zudem wählte Alberta einen Emissionsdeckel und keinen Produktionsdeckel. Dies bedeutet, dass die Teersande-Abbauflächen (und die damit einhergehende Umweltzerstörung, auch die Verseuchung des Grundwassers und der Flüsse und die Flächen der Giftseen mit toxischen Abwässern) sich weiter drastisch vergrößern können, sofern es gelingt, mit neuerer (wohl auch teurerer) Technologie bei der Förderung des Öls pro Barrel weniger CO2 zu emittieren. Ob also durch einen Emissionsdeckel mehr Teersande-Öl im Boden verbleiben wird, ist fraglich. Sollte der Ölpreis wieder deutlich steigen, könnte sich der Einsatz teurerer Technologien, die bei der Ölförderung weniger CO2 freisetzen, lohnen. Dann würden weitere riesige Gebiete borealen Waldes in eine Mondlandschaft verwandelt werden. Das artenreiche Ökosystem, das durch die Expansion der Förderflächen verloren geht, wird trotz aller Rekultivierungsversuche späterer Generationen nicht wieder herzustellen sein. Alberta wäre an vielen Tier- und Pflanzenarten ärmer.
Emilia Kennedy von Greenpeace Canada schrieb am 24.11.2015 eine kritische Einschätzung zum Klimaschutzplan der Provinzregierung von Alberta („Ambitious, effective and achievable“? Assessing Alberta’s new Climate Change Strategy). Zur 100-Megatonnen-Emissionsgrenze für die Teersande-Industrie schrieb sie: „… The biggest outstanding questions stem from the tar sands cap. On the one hand, this is historic: this is the first time an Alberta government, or really any government has put forth policies that limit fossil fuel growth. While it is undoubtedly historic there are some Serious Outstanding Issues … First being, how far does this plan actual deviate from business-as-usual out to 2020? Currently the sector produces about 70 Mt a year, so this allows a 40% increase for the sector. There are currently about 30 Mt of projects under construction as we speak. So the cap essentially lets those projects under construction come on line. Secondly, this is an emissions cap, not a production cap. And that means there are questions about how much this plan truly leaves the oil in the soil. If industry can ‘innovate’ as it’s claimed for years it can, this plan means they can produce more total barrels of oil if they reduce per barrel emissions. On the one hand, it seems unlikely big producers like Shell, Suncor, Cenovus and CNRL would have stood on stage endorsing the deal if they saw serious threats to their production numbers in the plan. On the other hand, some of the best work out there on technologies that can reduce per barrel emissions on tar sands suggests there’s no cheap magic bullet technology waiting in the wings. The juror is still out on that. What we do know if that’s industries rampant expansion plans will, if the cap is enforced will be curtailed.
There are also some worrisome loopholes that might be big enough to drive a bitumen heavy hauler through. This includes a 10 Mt provision for additional upgrading capacity – effectively making the cap 110 Mt, as well as ‘concessions’ (unspecified) for natural gas co-generation (which is what powers the tar sands). Outstanding issues not withstanding, its worth remembering that while currently operating and under construction projects bring us to 100 Mt and about 3 million barrels/day, there are almost 6 million additional barrels stacked up as Approved, Applied and Announced and Disclosed projects. We back-of-envelope calculated this to be up to 173 Mt/yr worth of projects that can’t be unleashed. So, if oil prices were to uptick rapidly at some point, the ball would have rolled on those. Now it can’t.”
Emilia Kennedy zieht folgende Schlussfolgerungen aus dem Klimaschutzplan Albertas:
„So is Alberta’s plan achievable, ambitious and effective? Where it stands right now, the new Alberta climate plan is achievable. It is ambitious when compared to decades of previous governments’ inaction but when the plan is evaluated from what the science is demanding of the province we find Alberta still has a way to go. The same is true for its effectiveness. While the plan is effective in starting to change the energy dynamics in the province, it won’t put Alberta in a position to do its fair share to get the world on a path to stay under a 2-degree scenario. Ultimately this plan is a historic step from where Alberta was but still a historic leap from where it needs to be… The road to climate justice is a long and hard one but it’s vitally necessary that we do it.”
Das Jahr 2015 wird nach Prognosen der World Meteorological Organization (WMO) wohl das bisher wärmste aller registrierten Jahre werden. Zumindest sind die Jahre 2011 bis 2015 die wärmste Fünf-Jahres-Periode seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Die Kohlendioxid-Konzentration in der Atmosphäre lag dieses Jahr zum ersten Mal im Drei-Monats-Mittel über 400 ppm. Umweltbundesamt und Deutscher Wetterdienst warnen in ihrer jetzt vorgelegten Studie vor den drastisch ansteigenden Gefahren von Hochwasser und Hitzewellen in Deutschland. Die Anzahl der Hitzetage mit über 30° C könnte sich bis 2050 verdoppeln – auf bis zu 25 Tage pro Jahr. „Wir haben das Wissen und die Möglichkeiten zu handeln“, sagte Michel Jarraud, Generalsekretär der WMO, vor dem Pariser Klimagipfel. „Wir haben die Wahl“. Während sich Kanada anschickt, endlich eine aktive Rolle zu spielen in Sachen Klimaschutz, könnte sich Deutschland in Paris als Bremser und Blockierer erweisen. Die Bilanz deutscher Klimapolitik unter Merkel und Gabriel ist beschämend: Die Förderung neuer Solarkraftwerke wird eher blockiert als gefördert, aus der steuerlichen Förderung energetischer Gebäudesanierungen wurde nichts, strengere Abgasrichtlinien für PKWs wurden von der Bundesregierung EU-weit blockiert, an der Kohlekraft zur Stromerzeugung wird weiterhin festgehalten, die Verfahren zur Genehmigung und für den Bau von Windkraftanlagen wurden schwieriger – die Liste könnte beliebig fortgesetzt werden. Es wird sich zeigen, ob Merkel in Paris das Prädikat „Klimakanzlerin“ oder „Klimakatastrophe“ bekommen wird und ob Kanada bei Klimaschutzanstrengungen Deutschland überholen wird.
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