bears and more • Klaus Pommerenke
 
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3. Februar 2016
Great Bear Rainforest-Abkommen endlich verabschiedet und rechtsverbindlich – mit 21-monatiger Verspätung. Provinzregierung, First Nations, Forstkonzerne und Umweltschutzgruppen einigen sich
Nach einem fast 20 Jahre dauernden zähen Ringen verkündete die Premierministerin von BC, Christy Clark, am 1. Februar 2016 die endgültige Verabschiedung und Umsetzung des Great Bear Rainforest-Abkommens (Great Bear Rainforest Order, rechtlich wirksam ab 28.01.2016, für die Gebiete Central und North Coast und South Central Coast). Schon am 31. März 2014 hätte nach dem ursprünglichen Zeitplan das Abkommen umgesetzt sein sollen, doch immer wieder gab es Schwierigkeiten und Verzögerungen. Währenddessen plünderte der im Süden des Great Bear Rainforest tätige Forstkonzern TimberWest mit seinen rücksichtslosen Kahlschlägen weiter den Wald und wertvolle Waldgebiete gingen für immer verloren. Jetzt legten die Provinzregierung von BC, die beteiligten First Nations-Regierungen (insgesamt umfasst das Gebiet die traditionellen Territorien von 28 First Nations-Gruppen, mit den großen Dachorganisationen der Coastal First Nations und des Nanwakolas Council, deren Territorien im Gebiet der South Central Coast und im Norden von Vancouver Island liegen), die an den Verhandlungen beteiligten Umweltschutzgruppen Greenpeace Canada, Sierra Club BC und ForestEthics Solutions (zusammengeschlossen als Rainforest Solution Project) sowie die im Gebiet tätigen Forst- bzw. Papierindustriekonzerne (Interfor, Western Forest Products, BC Timber Sale, Catalyst Paper und Howe Sound Pulp and Paper) das Verhandlungsergebnis vor:
  • Das Gebiet des Great Bear Rainforest umfasst etwa 6,494 Millionen Hektar. 3,65 Millionen Hektar hiervon sind Waldgebiete mit den verschiedensten Wald-Ökosystemen. Mit dem jetzigen Abkommen soll 85% des Küstenregenwaldes (3,1 Millionen Hektar) auf Dauer vom industriellen Holzeinschlag ausgenommen werden. Diese Fläche entspricht etwa der Größe von Vancouver Island.
  • 15% der Waldfläche (550.000 Hektar) darf nach den Regeln des sogenannten Ecosystem Based Management (EBM) bewirtschaftet und somit auch abgeholzt werden.
  • Der Holzeinschlag wird auf 2,5 Millionen cbm Holz pro Jahr begrenzt, dies gilt für die nächsten 10 Jahre (was danach kommen wird, ist offen). Gemessen am Holzeinschlagsvolumen von 2006 ist dies eine Reduktion von 40%.
  • Die Forstkonzerne sind verpflichtet, jährlich öffentlich zu berichten, wie die gesetzlich vorgeschriebenen Schutzziele erreicht werden. Außerdem müssen 5- und 10-Jahres-Pläne vorgelegt werden.
  • „Schutz“-Gebiete sollen die Größe von 2,4 Millionen Hektar umfassen, dies entspricht nach der fragwürdigen Rechenweise der Beteiligten einem Flächenanteil von 38%. Diese Gebiete umfassen Conservancies und Parks, in denen der Holzeinschlag (abgesehen von Öl- oder Gaspipelinebauten von nationaler Bedeutung und dem Bau der hierfür notwendigen Straßen und Infrastruktur) nicht erlaubt ist, jedoch leider auch die sogenannte Biodiversity, Mining and Tourism Areas (BMTAs), in denen für Bergbauprojekte, Tourismusvorhaben großen Stils, Straßenbau oder den Bau kleinerer Wasserkraftwerke Waldgebiete abgeholzt werden dürfen. Es ist nach wie vor eine bewusste Irreführung der Öffentlichkeit, diese BMTAs den „Schutz“-Gebieten zuzurechnen. Ein Schutz der Tierwelt in diesen Gebieten ist größtenteils nicht geregelt, der Schutzbegriff bezieht sich lediglich auf den mehr oder weniger gegebenen Schutz vor Holzeinschlag. 2016 sollen 8 neue Schutzgebiete hinzukommen.
  • Im südlichen Bereich des Great Bear Rainforest werden 9 sogenannte „Restoration Reserves“ geschaffen, damit sich die Natur, die in diesen Gebieten durch den jahrelangen industriellen Holzeinschlag extrem zerstört worden ist, vielleicht langfristig wieder etwas erholen kann.
  • Der 2007 gegründete Coast Opportunity Fund (COF) mit 120 Millionen CAD kommt den First Nations und den Gemeinden im Great Bear Rainforest zugute. Er finanziert Projekte und ökologisch nachhaltige Entwicklungen in den Gemeinden, um Arbeitsplätze zu schaffen.
Was nach dem verbindlichen Zeitplan bereits am 31. März 2014 umgesetzt sein sollte, feiern die an den jahrelangen mühsamen Verhandlungen beteiligten drei Umweltschutzgruppen jetzt umso mehr. „Vision realized in the Great Bear Rainforest. It’s time to celebrate“, heißt es beim Sierra Club BC. “The success story of the Great Bear Rainforest”, “Celebrating twenty years of campaigning to safeguard the Great Bear Rainforest”, titelte Greenpeace Canada am 1.2.2016.
Doch es gibt auch zu Recht sehr viele kritische Stimmen zum jetzt rechtsverbindlich verabschiedeten Great Bear Rainforest-Abkommen. Sie weisen auf die zahlreichen Schwachstellen des Abkommens hin. Ian McAllister von Pacific Wild stellt fest:
„First and foremost, it means coastal communities, local First Nations, our colleagues in the environmental sector, have finally come to agreement on a number of key issues with industry and government. This agreement is no small feat – it had to balance the needs and interests of coastal communities, First Nations, environmentalists, government, tourism, timber, mining and other industries – and important victories will be announced as the result of this agreements. We owe our friends, neighbours, and advocates our thanks for their patience and diligence over the last ten years. Though some reports will have you believe this is the ‘final chapter’ in the fight for lasting protections for the Great Bear Rainforest, it is actually a new beginning; one marked by important and decisive decision-making gains for local First Nations along with a host of new, key protected areas. That said, while this agreement is a step in the right direction, it does not address all concerns. Here are three examples of things that are not going to meaningfully change with this agreement:
The logging of ancient old growth will continue. All hopes have been pinned on “ecosystem-based management” (EBM) to offset additional protection of biodiversity hotspots. EBM is widely viewed as an untested and unproven surrogate for core protection, and we share this perspective. For more on this, read this Globe and Mail article [Report chides TimberWest over old trees in the Great Bear Rainforest, Mark Hume, The Globe and Mail, 26. Juli 2016], which offers an exemplary case study of how EBM fails to address conservation concerns in the Great Bear Rainforest.
Wildlife management continues to be an afterthought. The trophy hunt of large carnivores like bears and wolves will continue. Despite the provincial government’s authority, almost total opposition to trophy hunting of any kind from B.C.’ers, and resolute opposition to the local and international grizzly bear trophy hunt by local First Nations, this issue remains unresolved.
Marine areas remain virtually unprotected. The productivity of the Great Bear Rainforest is fuelled by the richness of the ocean and until we have adequate marine protections it is hard to describe the Great Bear as even partially protected.”
Die Trophäenjagd auf Grizzlybären wird weitergehen, hieran ändert auch das Great Bear Rainforest-Abkommen nichts. Sie bleibt zukünftig erlaubt überall dort, wo sie auch derzeit erlaubt ist, obwohl der für die Trophäenjagd zuständige Steve Thomson, Minister of Forests, Lands and Natural Resource Operations gegenüber Reportern zunächst anderes behauptete (und dabei öffentlich seine völlige Unkenntnis von Gebietsbezeichnungen und First Nations Territorien im Great Bear Rainforest zur Schau stellte). In der Pressemitteilung des Office of the Prime vom 1. Februar (Globally significant landmark agreement reached) heißt es lediglich: „The commercial Grizzly bear hunt will cease in Coastal First Nations’ traditional territories.” Die Pressesprecherin des Ministeriums, Vivian Thomas, erklärte: “The ministry and Coastal First Nations reached a memorandum of understanding relating to the commercial grizzly bear hunt.” Die Coastal First Nations hatten im September 2012 zwar bereits einseitig ein Verbot der Trophäenjagd auf Bären in ihren Territorien erklärt, doch die Provinzregierung ignorierte dies völlig und vergab trotzdem Jagdlizenzen für Einwohner von BC, um in diesen Gebieten und gegen den ausdrücklichen Willen der First Nations Grizzlybären abzuschießen. Dies geschieht leider auch immer noch in den Gebieten, für welche die Raincoast Conservation Foundation (RCF) schon 2009 und 2012 kommerzielle Jagdlizenzen von Trophäenjagdveranstaltern aufgekauft hatte, um durch die bewusste Nicht-Ausübung der Jagd in einem insgesamt 28.200 km² großen Gebiet das Töten von Grizzlybären durch zahlungskräftige ausländische Trophäenjäger zu verhindern. Lediglich für ein Gebiet von 1,1 Millionen Hektar im Great Bear Rainforest gilt ein von der Provinzregierung erlassenes gesetzliches Verbot der Grizzlybärenjagd. Durch das Great Bear Rainforest-Abkommen soll jetzt wenigstens im traditionellen Territorium der Coastal First Nations die Trophäenjagd gestoppt werden.
Gribbell Island, die „Mutterinsel“ der weißen Spirit-Bären, ist nach wie vor ungeschützt. Sie ist weder ein Conservancy noch ein Park. Wissenschaftler aus der ganzen Welt um Wayne McCrory, Bärbiologe von der Valhalla Wilderness Society, hatten vergeblich den Schutz dieser 20.000 Hektar großen Insel gefordert, da sie für das Vorkommen der Spirit-Bären von herausragender Bedeutung ist. Gemäß dem Abkommen ist Gribbell Island nach wie vor nur Teil der sogenannten „Kermode Stewardship Area“ (dieses Gebiet umfasst Gribbell Island und den nördlichen Teil von Princess Royal Island). Lediglich 80% von Gribbell Island sollen laut Jens Wieting vom Sierra Club BC vom Holzeinschlag ausgenommen werden. Die negativen Folgen für die Spirit-Bären sind noch nicht abzusehen, es könnte zu einem Populationseinbruch kommen, da bei der zu erwartenden Abholzung der Flusstäler eine Verschlammung der lachsführenden Flüsse nicht zu verhindern sein dürfte. Den Bären wäre beim Ausbleiben der Lachse in diesen Flüssen ihre Hauptnahrungsgrundlage entzogen.
Auch der Verlust von jährlich 2,5 Millionen cbm Holz aus dem Küstenregenwald schmerzt schwer, die Abholzung der verbliebenen letzten intakten Urwälder ist nicht gestoppt, er ist lediglich in seiner Geschwindigkeit begrenzt. „It is hard to describe the destruction of 2,5 million cubic meters of coastal forest every year a conservation success. We simply have to find a faster transition towards the full protection of our remaining forest,” sagte Ian McAllister gegenüber der Vancouver Sun (Landmark deal protects huge swath of central B.C. coast from logging, Larry Pynn, 2. Februar 2016).
Als scharfer Kritiker des jetzt verabschiedeten Great Bear Rainforest-Abkommens wird Ian McAllister von Pacific Wild in den nächsten Tagen noch ausführlich zu den ausgehandelten Ergebnissen Stellung nehmen. Hierüber werden wir - der Bedeutung entsprechend - umfassend gesondert berichten. Zu den Vertretern, die das Abkommen feiern, gehören natürlich die an den Verhandlungen beteiligten Umweltschutzgruppen Sierra Club BC, Greenpeace Canada und ForestEthics Solutions (Rainforest Solutions Project).

Unter http://sierraclub.bc.ca/great-bear-rainforest-agreements finden Sie den Artikel „Vision Realized in the Great Bear Rainforest“ des Sierra Club BC mit einem Filmbeitrag „From Conflict to Collaboration. Success in the Great Bear Rainforest“ und einer Erklärung von Jens Wieting, Forest and Climate Campaigner des Sierra Club BC.
Die komplette Great Bear Rainforest-Order vom 28.01.2016, Kartenmaterial zu Parks, Protected Areas, Conservancies, den sogenannten Biodiversity, Mining & Tourism Areas und den “Grizzly Bear No Hunting Areas” finden Sie auf der offiziellen Regierungswebsite des Resorts Strategic Land and Resource Planning unter https://www.for.gov.bc.ca/tasb/SLRP/plan17.html. Die Lektüre der Great Bear Rainforest-Order ist all jenen zu empfehlen, die sich selbst aus direkter Quelle ein umfassendes Bild über die einzelnen Punkte des Abkommens machen möchten.
Im Anschluss ist für Sie die weiterführende Information des Rainforest Solutions Project zum Great Bear Rainforest-Abkommen vom Februar 2016 wiedergegeben:
RSP-GBR-Backgrounder-2016_Jan-29.pdf
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