bears and more • Klaus Pommerenke
 
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1. Januar 2014
Das Jahr 2014 – das Jahr der Entscheidung
über die Zukunft der pazifischen Regenwaldküste
 
Liebe Freunde und regelmäßige Besucher von bears-and-more, liebe Unterstützer, die sich für den Schutz der pazifischen Regenwaldküste einsetzen,
das Jahr 2014 verspricht ein entscheidendes Jahr für die Küste von BC und den Great Bear Rainforest zu werden. Noch immer sind die Versprechungen und Schutzziele, welche die Provinzregierung von BC im Great Bear Rainforest-Abkommen von 2006 gegeben hat, nicht komplett umgesetzt. Schutzgebiete wurden ausgewiesen, doch in vielen Gebieten geht die Kahlschlagsforstwirtschaft unverändert weiter. Wälder, die dringend erhalten werden müssten, werden für immer vernichtet, weil ihnen der längst überfällige Schutzstatus fehlt. Die Provinzregierung hat bereits Pläne und die juristischen Mittel, die Grenzen ausgewiesener Schutzgebiete wieder so zu verändern, dass Pipelineprojekte, Bergbau- und Fracking-Vorhaben realisiert werden können. Dies soll auch in Klasse A-Parks möglich sein, in Parks, die bislang den höchsten Schutzstatus hatten. Es droht ein Rückfall weit hinter das bisher mühsam Erreichte. Schutzgebiete – egal wie kostbar sie sind – werden nur noch dort erhalten bleiben, wo sie der Industrialisierung nicht im Wege stehen. Die Grenzen werden bald völlig legal für Öl- und Gasprojekte beliebig verschoben werden können.
 
Schlafender Spiritbär im Küstenregenwald © Klaus Pommerenke
 
Am 19. Dezember 2013 hat das Joint Review Panel der kanadischen Regierung empfohlen, das Northern Gateway Projekt zu realisieren. Es gilt als sicher, dass Premierminister Harper und sein Kabinett dem Bau der Pipelines zwischen Bruderheim/Alberta und Kitimat zustimmen werden. Spätestens nach 180 Tagen, also Mitte Juni, wird es soweit sein. Enbridge wird mit dem Bau der Pipelines beginnen können. 209 schwammig formulierte Bedingungen sollen für Bau und Betrieb der Pipeline und beim Öltankerverkehr durch den Douglas Channel und entlang der Küste eingehalten werden. Angesichts der langen Statistik an Ölunfällen und Verurteilungen wegen Sicherheitsverstößen glaubt kaum ein Bewohner der Küste, dass der Enbridge-Konzern diese Bedingungen und freiwilligen Verpflichtungen jemals einhalten wird. Es bleibt abzuwarten, ob die Premierministerin von BC, Christy Clark, auf die Einhaltung der von der Provinzregierung formulierten Mindestanforderungen für neue Ölprojekte tatsächlich bestehen wird, so z. B. auf einen „Weltklasse“-Sicherheitsstandard beim Betrieb von Ölpipelines und beim Öltankerverkehr und auf „Weltklasse“-Ölpestbekämpfungsmaßnahmen. Unklar bleibt auch, ob die betroffenen First Nations ein Veto-Recht haben und Pipelinebau sowie den Öltankerverkehr durch ihre traditionellen Territorien in letzter Instanz beim Obersten Gerichtshof Kanadas verhindern können. Sie werden ihre Aboriginal Rights and Title mit allen Mitteln verteidigen – juristisch, mit jeglicher Form des zivilen Ungehorsams, mit Blockaden und viele sogar unter Einsatz ihrer Gesundheit und ihres Lebens. Eine aufschiebende Wirkung werden die jahrelang dauernden Prozesse nicht haben und so sind bei Baubeginn heftige Auseinandersetzungen zu erwarten. Vielleicht werden einige First Nations doch noch der Macht des Geldes erliegen und finanzielle Zuwendungen von Enbridge annehmen, um den Pipelinebau durch ihre Territorien zu ermöglichen. Das Versprechen einer Gewinnbeteiligung am Pipelineprojekt scheint verlockend. Fraglich ist, ob die First Nations, die sich auf solch einen Vertrag einlassen, auch in der Pflicht stehen werden, nach einer Ölpest versicherungsrechtlich als Vertragspartner für die Beseitigung der Schäden mit aufkommen zu müssen. Sie hätten dann nicht nur keinen Gewinn, sondern einen finanziellen Schaden und die Gewissheit, jahrzehntelang in einer verseuchten Umwelt leben zu müssen.
 
Schlafender junger Schwarzbär © Klaus Pommerenke
 
Der unbedingte Wille der Regierung Harper, Kanada zu einer Ölsupermacht zu machen, nimmt keinerlei Rücksicht auf Natur und Umwelt, auf First Nations und andere Bewohner der Teersande-Abbaugebiete in Alberta. Das Vermächtnis dieser Regierung wird eine nicht rekultivierbare Mondlandschaft sein, eine Liste ausgerotteter Tiere, ein zerstörtes Land, vergiftetes Grundwasser sowie riesige Abwasserseen, eine verheerende CO2-Bilanz Kanadas, welche alle Klimaschutzziele in unerreichbare Ferne rückt und früher oder später eine ölverseuchte Pazifikküste in BC. Das Northern Gateway Projekt zu realisieren bedeutet, das Ölzeitalter so lange zu verlängern, bis der letzte Tropfen Öl aus dem Erdreich unter den borealen Wäldern extrahiert sein wird. Ein Umdenken hin zu regenerativen Energien wird blockiert. Kanada hat das Kyoto-Protokoll gekündigt, um seinen fossilen Irrweg durch den Abbau der Öl- bzw. Teersande ungebremst fortsetzen zu können. Diese aktuell größte Baustelle auf Erden wird Kanada an die Spitze der Staaten mit dem schlimmsten „ökologischen Fußabdruck“ weltweit katapultieren, noch vor Katar, Kuweit und den Vereinigten Arabischen Emiraten. Die Gier nach Petrodollars nährt diese klimaschädlichste Ölgewinnung auf Erden. Weder die deutlich erhöhten Krebsraten bei den First Nations, die vom Teersandeabbau betroffen sind, noch das Überleben von Grizzlybären, Karibus, Walen und Lachsen bringen die kanadische Regierung zum Nachdenken.
 
Wolfswelpe im Great Bear Rainforest © Klaus Pommerenke
 
Es wird das zum öffentlich bzw. nationalen Interesse erklärt, was den Interessen der Ölindustrie dient und nicht das, was der Erhaltung einer unverseuchten Umwelt dient, der Erhaltung von Tier- und Pflanzenarten, von Wäldern als CO2-Speicher, von Fischbeständen und sauberen Meeresküsten. 2014 kann das Jahr werden, in welchem BC und Alberta einen noch katastrophaleren ökologischen Fußabdruck auf Erden hinterlassen als bisher.
Alle zwei Jahre veröffentlichen die Zoologische Gesellschaft von London, das Global Footprint Network, der WWF und die European Space Agency ihren Living Planet Report über den ökologischen Zustand des Planeten Erde, den letzten 2012. Beutet die Menschheit die natürlichen Ressourcen der Erde – v. a. Öl- und Gasvorkommen, Wälder und Fischbestände – weiterhin so rücksichtslos aus wie bisher, so benötigen wir im Jahr 2030 zwei Planeten Erde, um unseren Bedarf an Nahrung, Wasser und Energie zu decken. Bis zum Jahr 2050 wären es knapp drei Erden. Der ökologische Fußabdruck, ein komplexes Bilanzierungssystem, welches es ermöglicht, die menschliche Nachfrage nach natürlichen Ressourcen mit den vorhandenen Kapazitäten zu vergleichen, hat sich seit 1966 verdoppelt. Er betrug bereits 2008 18 Milliarden sogenannte Globale Hektare (Gha) oder 2,7 Gha pro Person. Der ökologische Fußabdruck wird in der Einheit Globale Hektare ausgedrückt als Flächenbedarf zur Befriedigung des menschlichen Ressourcenbedarfs. Die Biokapazität drückt aus, wie viele Flächen auf der Erde vorhanden sind, um Ressourcen zu erzeugen und CO2 aufzunehmen. Die Biokapazität der Erde beträgt leider nur 12 Milliarden Gha oder 1,8 Gha pro Person. Die Menschheit verbraucht 1,5-mal so viel natürliche Ressourcen wie sich jährlich erneuern. Der ökologische Fußabdruck in Globalen Hektar pro Einwohner liegt für Kanada bei 6,4 Gha (der achthöchste weltweit), für Deutschland bei 4,6 Gha (Platz 30 weltweit). Vor allem hohe CO2-Emissionen durch die Verbrennung fossiler Rohstoffe und die Vernichtung von Wäldern fallen ins Gewicht. Der CO2-Fußabdruck hat einen Anteil von 55 % am gesamten ökologischen Fußabdruck. Die Ausbeutung der Öl- bzw. Teersande Albertas, ein Fracking-Boom nach Erdgas im Nordosten von BC sowie die weitere Abholzung der letzten verbliebenen Regenwälder der gemäßigten Zonen werden den ökologischen Fußabdruck Kanadas drastisch verschlechtern. Seit etwa 1970 ist der ökologische Fußabdruck der Menschheit größer als die Biokapazität der Erde und diese ökologische Überbelastung – der „Overshoot“ – wächst schneller denn je an. Wir leben weit über unsere Verhältnisse und sägen noch schneller an dem Ast, auf dem wir sitzen.
Trotz der kleiner gewordenen Chancen, das Northern Gateway Projekt doch noch verhindern zu können, möchte ich Sie bitten, sich weiterhin für den Schutz der pazifischen Regenwaldküste zu engagieren und Umweltschutzorganisationen vor Ort in ihrem Kampf zu unterstützen. Bleiben Sie informiert und aktiv, die Bewohner entlang der Küste werden es Ihnen danken, die Bewohner von Hartley Bay genauso wie die Bären, Wölfe und Wale. Helfen Sie auch 2014 mit, dieses einzigartige Ökosystem entlang der Küste nicht den skrupellosen Interessen der Ölindustrie zu überlassen und vor allem nicht den Northern Gateway Pipelines der Enbridge Inc., einem Konzern ohne jede Glaubwürdigkeit.
 
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